„Mache mal wieder ‘nen Holocaust“ – Kritik am geplanten Kollegah Auftritt in Köln

“Mache wieder mal ‘nen Holocaust“ – Er äußert sich antisemitisch, versieht zusammen mit Farid Bang Ausschwitz-Insassen mit Häme [1], verbreitet Frauenverachtende und rassistische Vergewaltigungsphantasien [2] und verherrlicht insgesamt Gewalt als Mittel von Machtdemonstration und propagiert Maskulinismus und Führertum.[3]

Wäre die Musik des ehemaligen Jura-Studierenden Felix Martin Andreas Matthias Blume anstelle von Rap-Beats mit donnerndem Marsch-Metal unterlegt, wäre unzweifelhaft bereits die „Rechtsrock”-Bremse gezogen worden. Unter dem Pseudonym „Kollegah“ aber gehen Blumes Hassbotschaften als offenbar zulässig durch: Rap müsse nun einmal provozieren, springen ihm Fans, Kritiker_innen und Vertreter_innen der Musik- und Medienwirtschaft helfend bei. Sie öffnen ihm die großen Konzerthäuser und überhäufen ihn mit Auszeichnungen, z.B. mit dem ARD-Preis “Echo”.

Blume sieht und vermarktet sich selbst als eine Art Über-Mensch. Dabei gehören Aufrichtigkeit und Standfestigkeit nicht gerade zu den Eigenschaften des selbsternannten Alphas. Bei Kritik an den menschenfeindlichen Liedtexten versteckt sich Studienabbrecher Blume schnell hinter dem „Kunst“-Begriff und spielt trotziges Nichtverstehenwollen. Blume ernst zu nehmen heißt allerdings, seine Songs und Äußerungen beim Wort zu nehmen. Er spricht seit Jahren dieselbe gruselige Sprache der Erniedrigung und Unterdrückung. Dass Rap mit Empowerment und Erfolg zusammen gehen zeigen das us-amerikanische Ursprungsland dieser Musik. Rap diente seit jeher immer auch als Mittel zur Befreiung von Rassismus, sozialer Ungleichheit und Polizeigewalt und hat auch die maskuline Hegemonie mit einer ganzen Reihe überzeugenden Rapperinnen durchbrochen.[4] Auch die Anfänge von Rap in Deutschland sind von sozialkritischen Bands wie Anarchist Academy oder Microphone Mafia geprägt worden. Doch zunehmend etablierte und festigte sich in Deutschland auch ein patriarchaler Rap, der stumpfe Vorurteile bedient – „wilde Kanaken, stolze Deutsche und überzeichnete Schwarze“[5] – und in dem Rap von sookee bis K.I.Z. keine Selbstverständlichkeit sind.

Selbst wer immer noch meint, “Kollegah” sei eine reine Kunstfigur des sog. Battlerap und bloß von der Kritik missverstanden, kommt an seinen privaten Äußerungen nicht vorbei. In einem Interview, das ausgerechnet am Gedenktag der Pogromnacht am 09.11.2018 auf hiphop.de veröffentlicht wurde, behauptete Blume, dass in den Palästinensergebieten „genau das gleiche passiert, was bei uns mal passiert ist, in Deutschland, nämlich während des Holocausts.“ Weiterhin gab Blume zu Protokoll, als pro Palästina argumentierender Prominenter, habe er lange damit gerechnet, Opfer einer „Hetzkampagne“ zu werden.[6] Die verfolgende Unschuld in Person, Felix Blume, relativiert die Shoa und wähnt sich als Opfer mächtiger Kreise. Mit derartigen Positionen befindet sich Blume jedoch in bester deutscher Gesellschaft. Ganz so nämlich argumentieren deutsche Antisemit_innen diverser Coleur seit Jahrzehnten. Die Effekte sind so simpel wie durchschaubar: Es geht um Entlastung für die deutschen Täter_innen indem ausgerechnet Israel Vernichtungspolitik vorgeworfen wird. Eine vermeintlich mächtige Lobby sorge zudem dafür, dass derartige Positionen vermeintlich schwer rufschädigende Kritik nach sich ziehen würden, wo sie jedoch tatsächlich in weiten Teilen von Kollegahs Fanbase auf Zustimmung stoßen dürften.

Ende 2016 schon erschien zudem ein Video von und mit Blume unter dem Titel „Kollegah in Palästina“. “Der Boss” inszeniert sich in diesem als Macher, der sich für die unterdrückten Palästinenser_innen einzusetzen vorgibt. Der Film ist durchzogen von anti-israelischen Statements [7]. Die israelische Armee könne in Ramallah „machen, was sie wolle“ oder sie „nehmen morgens um 6 Uhr Schulkinder mit“, wird in Blumes Propagandafilm etwa behauptet. Vor diesem Hintergrund erscheinen auch die Texte der “Kunstfigur” Kollegah in einem anderen Licht. Die große Reichweite macht Blume daher zu einem der einflussreichsten und gefährlichen Aggitatoren der deutschen Gegenwart, bei dem die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien die oben zitierte Textzeilevöllig zurecht als antisemitisch einstufte.

Am 12. November möchte Blume im Kölner E-Werk auftreten.
Wir wollen das nicht!

Fussnoten und Quellen
1 “Und wegen mir sind sie beim Auftritt bewaffnet / Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen” (Kollegah & Farid Bang – 0815); im Videoclip zum Song “Apokalypse” stellt er einen Juden als Teufel und als das personifizierte Böse dar.
2 „Diese Syrer vergewaltigen dein Mädel, Bitch! Sie sagt, „Lass mich in Ruhe!“, doch er versteht sie nicht“ „Fuck mich ab und ich ficke deine schwangere Frau Danach fick‘ ich deine Ma, die Flüchtlingsschlampe” (Kollegah & Farid Bang – 0815)
3 „Umwickel’ den Basey mit Stacheldraht / Bitch, wir sind back und die Szene wird akkurat rasiert wie’n Kanakenbart“ (Kollegah & Farid Bang – Ave Maria)
4 z.B. Princess Nokia
5 https://www.deutschlandfunk.de/deutschrap-hip-hop-und-identitaetspolitik.807.de.html?dram:article_id=419519)
6 https://www.bs-anne-frank.de/fileadmin/user_upload/Slider/Presse/PM_Kollegah_Antisemitismus.pdf
7
https://www.fr.de/kultur/musik/antisemitismus-aesthetischer-code-10983011.html