Statement von RABA zu den derzeitigen Can´t Breathe Protesten

Derzeit hat eine Protestwelle viele Länder erreicht, ausgehend vom rassistischen Mord begangen von Polizisten an George Floyd. Während sich antifaschistischer Protest entlädt, marschieren Milizen auf und bedrohen die Protestierenden mit dem Leben in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).

Vielen in Deutschland dienen die USA als Projektionsfläche für die Unzufriedenheit mit der eigenen Lage, gegen den Kapitalismus, die Polizeigewalt und den Rassismus.

Die Genossinnen und Genossen in den USA – mit denen wir uns solidarisch erklären – sind nicht auf unsere Ratschläge angewiesen.

Polizei und Rassismus gehören zusammen und wir sind gut damit beraten, zunächst vor unsere eigene Haustür zu schauen!

Wir gedenken George Floyd und wir erinnern an

  • die von rassistischen Weltbildern geleiteten polizeilichen Ermittlungen bis zur Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrundes NSU,
  • Oury Jalloh in Dessau und Amad Ahmad in Kleve verbrennen in Polizeigewahrsam,
  • das Racial Profiling und die flächendeckende Videoüberwachung in vorwiegend von Migrant_innen belebten Stadtteilen und Orten,
  • die vielen rassistischen Alltagserfahrungen von People of Colour,
  • die Situation Geflüchteter hierzulande und an den EU-Außengrenzen
  • aber auch die Unterschätzung des rechten Terrorismus und seine systematische Verharmlosung durch die Gleichsetzung mit antifaschistischer Arbeit (#Hufeisenideologie).

Diese Beispiele zeigen die Vielfältigkeit und Verwurzelung von Rassismus und Polizeiarbeit im Land der “Einzeltäter_innen” – Deutschland.

In den USA marschieren seit dem Corona-Ausbruch rechte Milizen auf und sehen nun einen Moment gekommen, um vielleicht einen Bürger_innenkrieg zu provozieren. Sie ahnen, dass sie mit Donald J. Trump im Rücken nicht die schlechtesten Karten für ihre Gewalt- und Mordphantasien haben.

In Köln gibt es extrem rechte Formationen wie Combat18, die Anlass zur Sorge geben und auf den TagX warten. Doch auch im Spektrum von AfD und CDU gibt es Anzeichen von bewaffnetem Widerstand: Hans-Josef Bähner, Politiker der CDU aus Porz, rief einem Menschen rassistische Sprüche hinterher und schoss ihm in den Rücken. “Junge Alternative” Mitglieder der AfD Bezirk Köln nahmen unter Anleitung von Franz Pesch (AfD Rhein-Erft-Kreis) an einem Schießtraining teil. Anschließend posierten Mitglieder mit Zielscheiben, berichtet wurde von einem “Mordsgaudi” daneben war ein Conterfeit von Henriette Reker aus der “Reker muss weg”-Kampagne der AfD abgebildet. In dieser Hetz-Kampagne wird auch das antisemitische Muster deutlich, Probleme zu personfizieren.

Es sollte uns zu denken geben, wenn wir uns in Solidarität mit den Opfern von Rassismus auf die Straße begeben und so tun, als wenn das Problem Polizeigewalt und Rassismus dadurch gelöst wäre, wenn Donald Trump seines Amtes enthoben wäre. Polizeigewalt und Rassismus bestehen nicht erst seit Donald Trump, Horst Seehofer oder Herbert Reul.

We‘re not black, but we see you.
We‘re not black, but we hear you.
We’re not black, but we mourn with you.
We’re not black, but we will fight with you.

 

RABA – Rheinisches antifaschistisches Bündnis gegen Antisemitismus

Köln, 06.06.2020

Keiner von uns! Zum rechten Esoteriker, Sektierer und Pseudo-Feministen Ottmar Lattorf

Ottmar Lattorf taucht bei mehreren Querfront-Demonstrationen der Verschwörungsideolog_innen in Köln auf.

Ottmar Lattorf am 23. Mai 2020 auf einer “Hygiene”-Querfront-Demo in Köln, Deutzer Werft.

Die Gefährlichkeit einer Mischszene aus Verschwörungsaktivist_innen, Rechtsextremen, Realitätsverleugner_innen, Esoteriker_innen und vorgeblichen Wutbürger_innen verdeutlicht sich im Minutentakt in den bundesweiten “Hygiene-“Kundgebungen gegen die Coronaschutzmaßnahmen. Daher ein paar Hintergründe zur Person Lattorf als einer von vielen sich selbst zum Teil “politisch grüner, linker und extrem linker Kräfte” zählenden Figuren Kölns.[1]

Ottmar Lattorf ist ein seit knapp 40 Jahren in Köln-Zollstock ansässiger Aktivist. Er wird der esoterischen Szene zugerechnet und betreibt von seiner Wohnung aus die “Naturschutz-Initiative Natur, Bildung und Soziales, Bürger informieren Bürger e.V.” (NaBiS), die er als Ein-Mann-Verein, gelegentlich erweitert durch andere Esoteriker_innen, betreibt. Erst kürzlich machte der “Lebenskünstler, Hobbymusiker und Langzeit-Revolutionär”[2] Schlagzeilen. Die Bäume am Bonner Wall sollten vor dem Fällen gerettet werden, Menschen kletterten zum Schutz auf die Bäume und Lattorf ließ sich als “Sprecher einer Bürgerinitiative aus Raderberg” in den – wie er sie nennt – “Massen-Medien” zitieren.[3]

Zu Ottmar Lattorfs Werdegang, so wie er ihn in einem verschwörungsideologisch-esoterischen Magazin darstellte: Er sei “Sohn eines Hirten. […] Der 1960 erstgeborene Ottmar verbrachte, wie er es augenzwinkernd ausdrückt, Kindheit und Jugend in einem »Matriarchat«, bestehend aus sechs Schwestern, der Mutter und lauter weiblichen Tieren, bis zuletzt ein jüngerer Bruder geboren wurde. Der Vater, ein Improvisationskünstler, Komiker und „ausgezeichneter Geschichtenerzähler“, war wohl die Hälfte der Zeit auf der Weide […].”[4] Nach der Hauptschule habe Lattorf Abitur im dritten Anlauf gemacht und studierte schließlich in den 1980er Jahren Lehramt mit dem Schwerpunkt Sozialwissenschaften. Dieses Studium brach er ab. Danach begann er mit autodidaktischen Vorträgen „Lehre und Forschung auf eigene Faust“ über Wilhelm Reich, über “das Patriarchat“ sowie über „Hexenverfolgung”. Seine Vorträge bewarb er 1986[5] in dieser Weise: „’Die Welt war nicht immer so!’ Meine Frage war, warum ist die Welt, so, wie sie ist? Mein ganzes Leben lang habe ich mich auf diese Frage und alles damit Zusammenhängende konzentriert und kam zu einer Reihe von Antworten. Hier liegt nun ein Überblick über die Themen vor, über die ich berichten kann.“

Bereits Anfang der 1980er Jahre stilisierte sich Lattorf als linker Wilhelm Reich-Nachfolger. Er hielt zu ihm bundesweit Vorträge, wobei bereits seinerzeit die esoterischen und verschwörungsideologischen Instrumentalisierungen des freudomarxistischen Psychoanalytikers Reich überwogen. Auch pflegte Lattorf Beziehungen zu Bernd Willfried Senf (damals Volkswirtschaftler an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR)), dem antisemitische Zinskritik vorgeworfen wird und der sich, ebenso wie Lattorf, auf Reich bezieht.[6] Lattorf selbst referierte über Reichs parawissenschaftliche “Orgonforschung”[7] und publizierte in der Zeitschrift „emotion“.[8] Zehn Jahre lang konnte Lattorf an Senfs Wirkungsstätte, der Außenstelle der HWR, referieren.

Handout zur Veranstaltung mit der Fachschaft Medizin an der Universität zu Köln, 1993.

Als das Virus HIV weltweit bekannt wurde und große Ängste auslöste – 1981 wurde AIDS als eigenständige Erkrankung von der WHO anerkannt – leugnete Lattorf dessen damals noch häufig tödliche Dimension in seinen Texten, Vorträgen und Veranstaltungen, z.B. gemeinsam mit der Fachschaft der Medizin an der Universität zu Köln [9]. „Warum AIDS keine ansteckende Krankheit sein kann“, lautete sein Vortragstext. Diesen reicherte er bereits seinerzeit mit verschwörungsideologischen Welterklärungen über „die Medien“ an: „Über die Inszenierung von Realität durch die MassenMedien“ überschrieb er seine Vorträge; hier ist vom „manipulierte[n] Konsens“ und von „Denkkontrolle in einer demokratischen Gesellschaft“ die Rede. „Also nicht der Virus war die Gefahr für die Gesundheit, es waren „die Medien“.

AIDS, Vogelgrippe und Corona

Bei Fragen zu Themen wie der Vogelgrippe oder AIDS hat Lattorf krude Thesen in seinem Portfolio, z.B.: “Warum AIDS keine ansteckende Krankheit ist”[10]. Ohne auf die sich selbst gestellte Frage einzugehen und frei von Quellen oder Belegen, heißt es darin lapidar: “Doch das schulmedizinische Establishment und die Pharmazie ziehen es vor, jegliche Diskussion über die Ursachen von AIDS und über alternative Erklärungen zu vermeiden. (…) Tatsächlich werden Riesen-Profite mit einem medizinischen Irrtum und einer Angst–Kampagne gescheffelt.” Übrigens: Ein solches Argumentationsmuster verkürzter Kapitalismuskritik keimt derzeit wieder auf. Zu finden in Teilen von Linken, die sich dem Spektrum der Corona-Leugnung zugewandt haben und querfrontig neue Kooperationspartner_innen gegen „das Böse“ suchen.

Ottmar Lattorf, der keine medizinische Ausbildung durchlaufen hat [11], sagt: “Ich kann in manchen Fällen medizinische Beratungen durchführen oder zu einer solchen kostengünstig verhelfen.”[12]

9/11-Verschwörungsideologie

Wenige Jahre später weitete er seine Verschwörungsbeiträge und -vorträge auch auf den islamistischen Terroranschlag vom 09. September 2001 auf das New Yorker World Trade Center aus. Er trat nun als Anhänger von abstrusen 9/11-Verschwörungsideologien auf und organisierte beispielsweise in einer Kölner Kirche Vorträge mit dem ehemaligen SPD-Bundesminister für Forschung und Technologie Andreas von Bülow.[13] Nach dessen Ausscheiden aus dem Bundestag hatte sich dieser mit befremdlichen Vorträgen über Geheimdienste und über den islamistischen Terroranschlag hervorgetan. Das Feindbild waren bei beiden die USA. Lattorf war 2001 unter den Ersten, welche Verschwörungen zu 9/11 verschriftlichten. Das Neonazi-Fanzine aus dem Ruhrpott “Der Förderturm” zitierte damals Lattorfs krude Ansichten. 2002 war dort mutmaßlich eine Geldspende des NSU eingegangen.[13n] Die Absurdität von Lattorfs Unterstellungen zu 9/11 mit einer gleichzeitigen Verhöhnung von Frauen* wird deutlich in einer “Kosten-Nutzen-Abwägung”: [ACHTUNG, TRIGGERWARNUNG! ] “Warum hat man für die Untersuchung dieses Verbrechens weniger Geld ausgegeben (8 Mio. Dollar), als für die Untersuchung des Spermaflecks auf Monica Lewinskis Unterhose (40 Mio Dollar)?”[14]

Hexenverfolgung und Verharmlosung der Shoah

In einem seiner Vorträge zum Thema “Wer verfolgte die Hexen-Hebammen und warum? Oder Über den Einbruch der sexuellen Zwangsmoral in Europa” gibt Lattorf Tipps für “pflanzliche Verhütungsmittel”[15] und führt aus, dass die “Hexenverfolgung” als “Krieg gegen die Geschlechtslust der Frauen” geführt worden und diese ein “500 Jahre dauernder Holocaust an einheimischen Frauen” gewesen sei. Mit der Verwendung des Begriffs “Frauen-Holocaust” reiht sich Lattorf in die Riege jener Autor*innen ein, die seit den 1970er Jahren die Shoah an den Jüdinnen und Juden mit der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung vergleichen. Dort werden u.a. Überbietungswettbewerbe angestellt: die Opferanzahl und Dauer der Hexenverfolgung übertreffe bei weitem die der Shoah. Die Quellen und Zahlen, die dies belegen sollen, sind geschichtswissenschaftlich widerlegt und als falsch erwiesen. So wie Lattorf, der einen “Holocaust an einheimischen Frauen” und dessen “Auswirkungen  auf  das  Abendland und  unser  heutiges  Leben” herbeischwadroniert, geht er völkisch-ideologisch Hand in Hand mit der deutschen Autorin Erika Wisselinck, die in einer eigenen Studie von 1986 die Werke Hexenhammer mit Mein Kampf verglich und sich auf die rechtsextreme Esoterikerin Mathilde Ludendorff aus dem Jahr 1934 stützte.

Lattorf bewirbt seinen o.g. Vortrag (“erstmals 1991 gehalten”) mit der Ankündigung, er referiere über “Neuere und Disziplinübergreifende Forschungen”, die “zu einer sehr viel plausibleren Geschichtsauffassung” kämen als die “populären Geschichtsbücher”. Seine Wissenschaftsleugnung gipfelt schließlich in der Selbstüberschätzung, die vorgetragenen “tatsächlichen” Erkenntnisse seien “selbst vielen Historikern und Soziologen kaum bekannt.”[16]

Die an Rechtsextreme anschlussfähige Dimensionen seines Phantasierens und Agierens wurden bereits vor 35 Jahren gelegt. Über Lattorf heißt es: “Berührungsängste kennt er nicht”[17] und so überrascht es nicht, dass er auch Unterstützungen für die rassistische AfD-Hetzkampagne “Migrationspakt stoppen” [18] oder Zitate von FPÖ-Politiker Herbert Kickl[19] über seinen internen Verteiler verbreitet.

Antifeministisches, völkisches und rechtsextremes Konstrukt

Lattorfs Beschäftigung mit der Kulturgeschichte der Frauen und seine Kritik am Patriachat kommt als vermeintlicher Feminismus daher, entpuppt sich aber bei genauerer Betrachtung als biologistisch ausgerichtetes, völkisches, ethnopluralistisches und damit antifeministisches und rechtsextremes Konstrukt. Er stützt seine Ausführungen auf die Theorien Wilhelm Reichs, wie der Entdeckung des Orgon (Wortkreation aus Orgasmus und Organismus), kurz einer Theorie bestehend aus esoterischen Energievorstellungen und der Behauptung, würden sexuelle Triebe nur durch eine sexuelle Befreiung nicht mehr gesellschaftlichen Zwängen unterworfen sein, könnten alle Neurosen behoben werden. Diese von Reich entwickelte Theorie der  Triebbefreiung, dessen stetige und für ihn allein gültige Predigt dazu führte, dass er als Schüler von Sigmund Freud, von diesem verstoßen wurde und dies schließlich im Ausschluss 1934 aus der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) endete, hat mit heutigen linksradikalen feministischen Forderungen nichts mehr gemein. Wurde diese Theorie noch in der 68er-Bewegung genutzt, um die sexuelle Revolution voranzutreiben und „freie Liebe“ zu propagieren, sieht die feministische Theoretikerin Shulamith Firestone, bei Wikipedia als Protagonistin des feministischen Freudomarxismus (nach Wilhelm Reich) geführt, in der sexuellen Revolution „keine Verbesserung für Frauen“. Vielmehr habe sie sich als „wertvoll“ für Männer erwiesen, um sich ein „neues Reservoir an“ sexuell „verfügbaren Frauen“ zu schaffen.[20]

Lattorf geht neben diesen rein biologistisch ausgerichteten Ansätzen noch weiter. In seinen „Erkenntnissen“, die er immer wieder mit den Schlagworten “disziplinübergreifender Wissenschaften“ versucht zu bewahrheiten, mischt er munter, zumeist wissenschaftlich nicht haltbare Theorien und setzt kausale Zusammenhänge, zum Teil anachronistisch, wo keine sind. Ein Stilmittel, das alle Verschwörungsideologien ausmacht. So berichtet er „über eine anthropologische höchst interessante und  Disziplinübergreifende  Arbeit von Dr. James DeMeo“.[21] Der Geograph DeMeo versucht in eigenen empirischen Forschungen zu belegen, dass patriarchale Strukturen ursprünglich (4000 v.Chr.) aus Kulturen der Sahara, Naher/Mittlerer Osten und Zentralasien stammen und durch Wanderbewegungen die Regionen Ozeanien und die Neue Welt, angeblich bewohnt von matristischen, friedfertigen und partnerschaftlichen Kulturtypen, überlagert hätten.[22]

Lattorf sieht hier gemeinsam mit der Hexenverfolgung die historische Herleitung für die Unterdrückung der Frau. Er setzt aus einer “sexuellen Zwangsmoral in Europa”, „patriarchalen Eroberungen“ durch andere Kulturen und der Hexenverfolgung als „Holocaust an einheimischen Frauen“ ein Scheinbild seines Interesses für Frauenemanzipation zusammen. Unter Vorgaukeln derlei Interesses wurde pseudofeministisch bei den Alt-68er männlichdominant die sexuelle Revolution propagiert, wird rassistisch pseudofeministisch von der Identitären Bewegung, Pegida und der AfD nach der “Kölner Silvesternacht” 2015/16 eine Gefahr für deutsche Frauen durch Migration konstruiert, wird der Ethnopluralismus von der Neuen Rechte gefordert und Holocaustleugner_innen bedienen sich durch Verharmlosung und Relativierung der Shoah solcher Stilmittel.

Lattorf, die rechte Querfront und Corona

Lattorf beteiligt sich an der Mobilisierung zu Querfront-Demonstrationen von Corona-Leugner_innen und ruft aktiv zur Teilnahme per E-Mail-Verteiler auf. Dieses Umfeld aus Verschwörungsideolog_innen, Impf-Gegner_innen und Antisemit_innen entspricht ihm. In seinem Aufruf zur Demo verlinkt er auf YouTube-“Eindrücke” von der extrem rechten Aktivistin Lisa “Licentia” H., (Ex-Identitäre Bewegung, extrem rechte Vloggerin und Aktivistin, Teilnehmerin vom AfD-Medienkongress u.a. mit Ulrike Haupt/Widerstand steigt auf), die sich den Anschein einer rechten “Feministin” gibt. Lattorf spricht von einem angeblich stattgefundenen Angriff auf sie, versehen mit der Behauptung, dass sie Journalistin sei, und übernimmt auch noch die rechte Propaganda von einem “der Antifa” zugeschriebenen Angriff.[23] Dagegen “weiß” Ottmar Lattorf über die belegten Hetzjagden[24] Chemnitzer Neonazis folgendes zu berichten: “So kommt es, dass die Massenmedien von ‘Hetzjagden auf Menschen mit Migrationshintergrund’ durch den rechten, sächsischen Mob berichten, – ohne zu ergründen, ob das überhaupt stimmt! Es gibt keine Belege dafür. (…) Als ein linksradikaler Mob in Hamburg beim den G20 Demonstrationen in Hamburg durch die Straßen zogen, gab es solche Äußerungen von Seiten der Bundesregierung nicht.”[25]

Lattorf selbst legte sich bereits kurz nach dem Ausbruch des COVID-19-Virus in der chinesischen Provinz Wuhan fest und wollte von einer “Pseudo-Virus Epidemie” wissen. “Um zu einem Verständnis der wahrscheinlichen [!] Sachlage (Tests, Infektiosität, Epidemie, u.s.w.) im Zusammenhang mit dem Corona Virus zu kommen, gehe ich in die Anfänge der sog. AIDS – Epidemie zurück. … Und genauso wenig, wie die homosexuellen Poppers-Süchtigen der frühen Achziger Jahre keinen Bock darauf hatten, wegen der üblen Nebenwirkungen von ihren Sex-Drogen abzulassen, genauso möchte die Chinesische Führung die toxischen Nebenwirkungen des wirtschaftlichen Erfolgs für den Gesundheitszustand der Bevölkerung wahrnehmen und auch eher vor der eigenen Bevölkerung tarnen. Das ist meine zentrale These.”[26] Durch seine Gleichsetzung zwischen „triebgesteuerten“ Homosexuellen und der “raffsüchtigen” Wirtschaftselite bringt Lattorf Homophobie und Antisemitismus zusammen. Um von den negativen Auswirkungen der “boomenden chinesischen Wirtschaft” für die Bevölkerung abzulenken würde nach “US-amerikanischen Public-Relation-Muster [etwas] verschleiert”.[27] Er verlinkt antisemitische und verschwörungsideologische Internetmedien, darunter “Rubikon”[28], das Portal “Neue Rheinische Zeitung”[29] oder ein Video mit dem Corona-Leugner Sucharit Bhakdi[30].

Mahnwachen für den Frieden und Johanne Liesegang

Lattorf und Johanne Liesegang bei den gemeinsamen “Mahnwachen für den Frieden” am Wallfrafplatz in Köln, 2014.

Im Rahmen der Kundgebungen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen taucht auch Johanne Liesegang auf, die nach eigenen Aussagen bereits seit den 1990er Jahren an Lattorfs “Vollmondfeuer-Festen” teilnimmt. Sie ist als Kölner Kontaktadresse einer Reichsbürgerformation keine Unbekannte, gilt als Seherin, Esoterikerin und offene Antisemitin.[31] Liesegang und Lattorf verbindet auch eine langjährige politische Zusammenarbeit. Im Rahmen von “Wir für den Frieden” waren Liesegang und Lattorf an der Austragung der Kölner “Mahnwachen für den Frieden” um 2014/15 beteiligt.[32] Dort vertrat Lattorf die Reichsbürger_innen-These, wonach Deutschland kein souveräner Staat sei, da es nicht von den USA als Bedrohung angesehen werde.[33] Die Nachfolgeinitiative der Mahnwachen formierte sich unter der Leitung Liesegangs unter dem Namen „Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas“ („EnDgAmE“), in Dresden brachte die sog. Friedensquerfront die „Patriotischen Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes“ („Pegada“) hervor – beides ideologische und organisatorische Vorläufer von PEGIDA.[34]

In unverantwortlicher Art und Weise fördert Lattorf gefährliche Verschwörungsideologien, die von den realen Infektionsrisiken mit teilweise schwerem bis tödlichem Verlauf ablenken. Lattorf, der keine Gelegenheit auslässt, “Massen-Medien”[35] für angebliche Verfehlungen zu kritisieren, nimmt es dabei selbst mit der Wahrheit, Fakten und seriösen Quellen nicht so genau. Seine Arbeitsweise wird selbst von Vertreter_innen der parawissenschaftlichen “Orgonforschung” wie Ingo Diedrich kritisch gesehen: “Alle Beispiele, die Ottmar Lattorf anführt, sind stark interpretationsbedürftig (…). Diese Beispiele zu zitieren, ohne gleichzeitig den Kontext darzustellen, in dem die Autoren dies Beispiel angeführt haben, heißt, sie aus dem Zusammenhang zu reißen.”[36]

 

Insgesamt wird deutlich, dass Lattorf als urbaner, altgedienter natur- und erdverbundener Öko-Aktivist und Guru aus dem linken Spektrum erscheint, der jedoch eine Querfront-Strategie verfolgt. Als Querfront im weiteren Sinn wird die Zusammenarbeit oder Vermischung linker und rechter Positionen bezeichnet, mit welcher die Zustimmung zu anti-emanzipatorischen Positionen vergrößert und rechten Positionen in linken Zusammenhängen Geltung verschafft werden soll. Diese Intention lässt sich bei Lattorf bis in die 1980er Jahre zurückverfolgen. Dem linken Milieu entsprungen, setzt Lattorf auch auf die aktive Zusammenarbeit mit der extremen Rechten und agitiert mittlerweile offen gegen den Antifaschismus. Ottmar Lattorf befindet sich auch in ideologischen Hinsicht äußerst rechts: Lattorf erklärt jedwede gesellschaftlichen Probleme und komplexe Zusammenhänge entweder mit “Massen-Medien” oder dem vermeintlichen Hauptschuldigen USA (in einigen Texten und Vorträgen benennt er auch Israel). Menschen sind bei ihm eine stets willenlose, gesteuerte und verblendete Masse, aus welcher er sich selbst als eine der wenigen positiven Ausnahmen hervorhebt. Dies spiegelt sich besonders in seinem patriarchialen Frauen*bild wider, das auf männliche Zweckerfüllung reduziert ist.

“[Ottmar Lattorf] leugnet u.a. AIDS – HIV mit einer kruden Weltverschwörungskonstruktion, verbreitet diese und andere Verschwörungstheorien, versteckt sich hinter diversen Vereinsbezeichnungen (u.a. “NaBiS”), verklärt das Patriarchat zum Matriarchat, romantisiert antizivilisatorische Technologiefeindlichkeit, predigt ewige “Liebe und Frieden” und treibt damit Menschen in die Fänge von Sekten, stellt die “Kultur” des “Rainbow” (ein obskures “Gathering”) über alles und ist bekennender platter Antiamerikanist – Antizionist – Antisemit”[37] und Pseudo-Feminist.

In Köln findet anlässlich der Corona-Volksfront zusammen, was ideologisch schon seit Jahrzehnten zusammengehört.

Auch wenn mit ihm in Kontakt stehende Personen und Gruppen vielleicht nur als “verschroben” wahrnehmen, führt dies bis heute zu keiner Auseinandersetzung mit seinen bekannten Aktivitäten und Äußerungen. Bisher stand für Lattorf bspw. in der Alten Feuerwache die Tür offen und bei Stadtteilfesten durfte er sich mit Ständen präsentieren und seine Pamphlete verteilen oder auf städtischen Veranstaltungen Reden schwingen.

Die Willkommenskultur gegenüber Ottmar Lattorf und seinem Umfeld von Seiten der linken Szene und zivilgesellschaftlicher Akteur_innen in Köln, wie sie bisher gepflegt worden ist, macht einen blinden Fleck im Umgang mit Rechtsextremismus sichtbar. Dieser konnte in einer linken Kultur auch deshalb gedeihen, weil über Jahrzehnte verschlafen worden ist, sich mit den vielfältigen Erscheinungsformen sowohl des Antisemitismus als auch des (linken) Mackertums mit heteronormativen Verhältnissen auseinander zu setzen.

 

Und jetzt?

Mit dieser Aufklärung über Ottmar Lattorf ist es nicht getan. Darum fordern wir

  • Weitergabe der Informationen über Lattorf, seine Positionen und sein Umfeld auch über linke Zusammenhänge hinaus in zivilgesellschaftliche Strukturen und den öffentlichen Raum!
  • Deutliche Abgrenzung und Aufkündigung jeglicher Zusammenarbeit mit Lattorf und Umfeld!
  • Offenlegung der Strukturen und Projekte, die mit Lattorf zusammenarbeiten oder zusammengearbeitet haben im Rahmen öffentlicher Distanzierungen!
  • Interne Auseinandersetzung mit dem Problem jeglicher Formen des Antisemitismus und der Notwendigkeit von feministischen Forderungen, nicht nur in linken Strukturen!
  • Haus- und Zutrittsverbote für Ottmar Lattorf an allen Kultureinrichtungen sowie Orten der Politik und Selbstverwaltung wie z.B. Alte Feuerwache, Ökoprojekte, Kirchen etc.!
  • Kündigung der städtischen Verträge mit Ottmar Lattorf und seinem Verein (z.B. Nutzungs- und Pachtverträge) beruhend auf der Charta der Stadt Köln für Vielfalt und Toleranz sowie den Ratsbeschluss gegen Rechtsextremismus der Stadt Köln!
  • Auftritts- und Sprechverbot auf städtischen Veranstaltungen und Podien z.B. als Funktionsträger seines Vereins und für Bürger_inneninitiativen!
  • Ausschluss von Demonstrationen und Kundgebungen sowie E-Mail-Verteilern einschließlich der Deaktivierung seiner Zugänge zu bestehenden Kommunikationsstrukturen (E-Mail, Blogs, Foren etc.)!
  • Ausschluss aus Bürgerinitiativen und BI-Netzwerken!
  • Abwahl von Ottmar Lattorf aus Ämtern/Funktionen, die er z.B. in Vereinen, Netzwerken oder öffentlichen Gremien ausübt!
  • Verhinderung der Neuinstallation der antisemitischen Kölner Klagemauer durch Lattorfs Weggefährtin Johanne Liesegang!
  • Breiter Protest gegen die sog. “Hygiene”-Mediationen, Corona-“Spaziergänge” und andere Aktionen der Corona-Querfront als Sammelbecken des Rechtsextremismus mit allen Mitteln und auf allen Ebenen!
  • Einrichtung von konkreten Hilfsangeboten für Betroffene aus dem sektenartigen Umfeld Ottmar Lattorfs, bspw. Menschen die aufgrund seiner medizinischen “Beratungen” geschädigt wurden, Opfer seiner Manipulationen!
  • Klare Haltung gegen jeden Antisemitismus!
  • Klare Haltung für (Queer-)Feminismus!

 

Fußnoten:

[1] “Was? – Migrations-Pakt! Was soll der Migrations-Pakt?” von Ottmar Lattorf, E-Mail vom 08.12.2018, E-Mail (liegt d. Verf. vor)

[2] Vgl. “Forschung und Lehre auf eigene Faust – Ein Portrait des Kölner Baum- und Bürgeraktivisten Ottmar Lattorf” von Jochen Schilk, QYA Blog [QYA], 16/2012 (https://oya-online.de/article/read/783-forschung_und_lehre_auf_eigene_faust.html, abgerufen am 27.05.2020)

[3] Vgl. “Stadtbahnbau Neues Konzept soll möglichst viele Bäume auf Bonner Straße erhalten” von Philipp Haaser, Kölner Stadt-Anzeiger, 05.10.2017 (https://www.ksta.de/koeln/rodenkirchen/stadtbahnbau-neues-konzept-soll-moeglichst-viele-baeume-auf-bonner-strasse-erhalten-28524674, abgerufen am 31.05.2020); “Aus der Baum” von Jan Lüke, Stadt Revue, 17.11.2017 (https://www.stadtrevue.de/archiv/artikelarchiv/13032-aus-der-baum/, abgerufen am 31.05.2020)

[4] QYA, ebd.

[5] “Die Welt war nicht immer so” von Ottmar Lattorf, Eigenverlag [DWWNIS], als PDF veröffentlicht auf Lattorffs Homepage (abgerufen am 27.05.2020)

[6] Senf trat u.a. auch bei “Mahnwachen für den Frieden” auf, siehe dazu Friedensdemo Watch über Senf am 23. Juni 2016 https://www.facebook.com/friedensdemowatch/photos/prof-bernd-senf-spricht-am-am-306-auf-der-wahnmache-greifswald-die-wahnwichtel-h/681245688596357/ oder Alternative Liste VG  https://www.al-vg.eu/2014/06/die-ich-rief-die-geister.html vom 17. Juni 2014

[7] Für einen Überblick zur.Orgonforschung, s. https://de.wikipedia.org/wiki/Orgon (abgerufen am 29.05.2020)

[8] U.a. “Wer verfolgte die Hexen-Hebammen? Und warum ? oder Wie die sexualfeindliche Moral in Europa etabliert wurde”, Ottmar Lattorf in: Volker Lubminer (Hrsg.), ’emotion’ –  Beiträge zum Werk von Wilhelm Reich, Knapp Diederichs, Nr. 12/13, 1997. Darin bedient Lattorf u.a. Antisemitismus: “Der Sabbat war der heilige Tag der Juden, an dem nichts erlaubt war, kein Handel, keine Arbeit, nur (!) eins war an diesem Tag erlaubt: der Geschlechtsverkehr.” (Hervorhebungen d. Verf.).

[9] Handout zur Veranstaltungsreihe der Fachschaft der Medizin an der Universität Köln in Zusammenarbeit mit Ottmar Lattorf zum Thema “AIDS” [Handout AIDS 1993] an Kölner Universität, 1993

[10] DWWNIS, S. 16

[11] Handout AIDS 1993

[12] DWWNIS, S. 27

[13] Zur Person Andreas von Bülow: https://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_von_Bülow

[13n] Der Förderturm, Nr. 5/2003, S. 15. Es gibt keine Hinweise, dass Lattorf Teil der Redaktion war.

[14] DWWNIS, S. 18, (Fehler im Original)

[15] DWWNIS, alle Zitate ab S. 10 f.

[16] DWWNIS, S. 10

[17] QYA, ebd.

[18] “Was? – Migrations-Pakt! Was soll der Migrations-Pakt?” von Ottmar Lattorf, E-Mail vom 08.12.2018, E-Mail (liegt d. Verf. vor)

[19] “Corona – Redekreis am Samstag” von Ottmar Lattorf, E-Mail vom 23.04.2020, E-Mail (liegt d. Verf. vor)

[20] Postfeminism” von Stephanie Genz, Edinburgh University Press, Edinburgh 2009, S. 95: “Firestone argued that the sexual revolution ‚brought no improvements for women‘ but proved to have ‚great value‘ for men […] a new reservoir of available females was created […].”

[21] DWWNIS, S. 10

[22]Saharasia: The 4000 BCE Origins of Child Abuse, Sex-Repression, Warfare and Social Violence in the Deserts of the Old World. The Revolutionary Discovery of a Geographic Basis to Human Behaviorvon James DeMeo, Natural Energy Works 2011.

[23] “Corona, Infos und Demos” von Ottmar Lattorf, E-Mail vom 22.05.2020 (liegt d. Verf. vor)

[24] “Chatprotokolle zeigen Verabredung zu Hetzjagden in Chemnitz” von Lena Kampf, Sebastian Pittelkow und Katja Riedel, 26.08.2018 (https://www.sueddeutsche.de/politik/chemnitz-rechtsextremismus-hetzjagden-maassen-1.4577009, abgerufen am 01.06.2020)

[25] “Chemnitz – eine Gesellschaft ist durcheinander” von Ottmar Lattorf, E-Mail vom 09.09.2018, E-Mail (liegt d. Verf. vor; Fehler im Original)

[26] “Was ist los mit dem Corona Virus in China? Vom AIDS -Virus, zur Vogelgrippe, zu SARS, über BSE und wieder zurück. – Eine Vermutung von Ottmar Lattorf”, Köln Insight / lebeART, 21.02.2020 (http://www.koeln-insight.tv/index.php/soziales-leben/blickwinkel/72-artikel/kolumne-und-fiktion/21182-was-ist-los-mit-dem-corona-virus-in-china.html, abgerufen am 28.05.2020, Fehler im Original)

[27] Köln Insight / lebeART, ebd.

[28] “EU – Wahl, was gibt´s zu wählen?” von Ottmar Lattorf, E-Mail vom 24.0.2019 (liegt d. Verf. vor)

[29] Ebd.

[30] Für Hintergründe zu Sucharit Bhakdi hierzu vgl. “Video im Faktencheck: Prof. Sucharit Bhakdi kritisiert Corona-Maßnahmen” von Kira Urschinger, SWR, 22.05.2020 (https://www.swr3.de/aktuell/multimedia/bhakdi-video-faktencheck-massnahmen-corona-100.html, abgerufen am 31.05.2020)

[31] Recherchen und Informationen zu Johanne Liesegang von RABA, u.a. https://www.facebook.com/RABAkoeln/posts/671248096991119, https://www.facebook.com/RABAkoeln/posts/668539990595263, https://www.facebook.com/RABAkoeln/posts/665626450886617, https://raba.noblogs.org/post/2020/05/20/redebeitrag-vom-18-mai-2020-zu-johanne-liesegang-und-ihren-versuch-eine-klagemauer-zu-installieren/, https://raba.noblogs.org/post/2020/05/26/redebeitrag-zur-kundgebung-keine-klagemauer-gegen-jeden-antisemitismus-vom-25-mai-2020/

[32] Reden hielt Lattorf u.a. am 19.05.2014, 24.11.2014, 22.12.2014, 27.07.2015

[33] Rede Ottmar Lattorf für “Wir für den Frieden” auf der Mahnwache in Köln am 27.07.2015, dokumentiert auf YouTube (watch ID “v=mgLCOMAxvtk”)

[34] Vgl. “Mehr Abkürzungen für wirre Demokratiefeinde EnDgAmE und Pegada” von Milla Frühling, Belltower, 21.01.2015 (https://www.belltower.news/mehr-abkuerzungen-fuer-wirre-demokratiefeinde-endgame-und-pegada-38818/, abgerufen am 31.05.2020)

[35] Der Begriff “Massen-Medien” wird in der sog. Neuen Rechten ersetzt durch “Mainstream-Medien”.

[36] “Kritik an den Aufsatz zur Hexenverfolgung von Ottmar Lattorf”, undatiert, Ingo Diedrich, Bovenden (http://www.orgonomische-sozialforschung.de/Sonst_Hexe.htm#Kritik, abgerufen am 31.05.2020)

[37] Kommentar von “Scheisz aufs Südstadel” vom 13.10.2009 unter dem Beitrag “Köln: Randale, u,a,e”, Pink dug, Indymedia, 17.09.2009 (https://de.indymedia.org/2009/09/261166.shtml?c=on#c603052, abgerufen am 31.05.2020)

 

Nachtrag vom 02.06.2020:

Ein Hinweis zur Zitierung Lattorfs 9/11-Verschwörungsideologie in einem Neonazi-Fanzine wurde nachträglich eingetragen.

 

Weitere Veröffentlichungen zu Lattorf: https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=740371186745476&id=257268208389112

Redebeitrag zur Kundgebung “Keine Klagemauer – Gegen jeden Antisemitismus” vom 25. Mai 2020

Wenn wir heute gegen die versuchte Wiederbelebung der antisemitischen Installation „Klagemauer“ durch die Corona-Querfrontgruppe „Widerstand Köln“ protestieren, meinen wir nicht nur diese besonders radikale Formation der Esoterikerin und Reichsbürgerin Johanne Liesegang.

Antisemitismus und antisemitische Verschwörungsmythen gehören zum alltäglichen Bild des sogenannten „Corona-Protests“. Erst letzten Samstag posierte auf der Deutzer Werft ein Mann in einem Häftlingskostüm mit einem Schild „ Maske macht frei“ , einer deutlichen Anspielung an die Inschrift „Arbeit macht frei“ des Vernichtungslagers Auschwitz.

Impfgegner*innen und angebliche Verteidiger*innen der Grundrechte relativieren regelmässig den Holocaust, indem sie beispielsweise Aufkleber mit einem Judenstern und der Aufschrift „Impfgegner“ tragen oder entsprechende Bilder als Profilfoto in den sozialen Medien benutzen. Aufkleber, T-Shirts etc mit diesem Motiv werden unter anderem von dem ehemaligen Kader der rechtsterroristischen Formation „Blood and Honour“ Liebig vertrieben.

Auch in einem Redebeitrag auf der Deutzer Werft wurde, von den Anwesenden unwidersprochen die aktuelle politische Situation mit dem industriellen Massenmord an den europäischen Juden und dem Völkermord an den Indigenen Amerikas gleichgesetzt.

Die Relativierung des Holocaust durch die Selbstinszenierung als Opfer bzw den relativierenden historischen Vergleich ist ein klassisches Stilmittel des Antisemitismus. Die Singularität des industriellen Massenmords an den europäischen Juden wird damit aufgehoben, der Holocaust schrumpft zu einem Ereignis unter vielen. Zudem wird mit diesen Vergleichen das Andenken an die Millionen Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik  verhöhnt.

Die Gruppe um Johanne Liesegang ist auch in dieser Hinsicht ein besonders hervorstechendes Beispiel. In der neugegründeten Facebookgruppe erscheint als eines der Gründungsmitglieder der verurteilte Holocaustleugner Reza Begi. Begi gehörte schon zu Walter Hermanns Zeiten zum aktiven Umfeld der „Klagemauer“ und fiel in der letzten Zeit vor allem durch wiederholte öffentliche Holocaustleugnung auf. Ein Verfahren in Köln ist noch anhängig.

Liesegang selbst distanziert sich zwar verbal von den durch Waffenfunde und Gewalttaten aufgefallenen Reichsbürgern, teilt jedoch offensichtlich ihre Ideologie und war die Kölner Kontaktadresse einer Reichsbürgerformation.

Auf ihrem Profil teilt sie antisemitische Verschwörungsmythen wie die Behauptung, Adolf Hitler sei ein Abkömmling der jüdischen Familie Rothschild, die Juden seien also für ihre Vernichtung selbst verantwortlich.

Was da im Hippielook daherkommt ist also letztendlich nichts anderes als klassische Ideologie der extremen Rechten und vor allem aggressivster Antisemitismus.

Deshalb rufen wir dazu auf, die Entstehung eines neuen antisemitischen Hotspots in Köln zu verhindern!

Keine Klagemauer! Gegen jeden Antisemitismus!

Rechter Influencer: Oliver „83metoo“ H. – Von der Autopflege zur rechten Verschwörungsideologie

Oliver H. vermummt auf einer Demonstration in Köln.
Seit den “Oma im Hühnerstall”-Demonstrationen fällt ein YouTuber in Köln auf, über den wir ein paar unserer Informationen veröffentlichen.
 
Der Youtuber Oliver H. ist durch Videos zur Fahrzeugpflege bei Autofreund_innen bundesweit bekannt geworden. H. taucht jedoch zunehmend im Nahumfeld organisierter Rechter auf. Zuletzt zeigte sich der 35-jährige Gewerbetreibende und Vater aus Much auf zwei verschwörungsideologischen Demonstrationen in Köln gegen Impfschutz, die Corona-Schutzmaßnahmen, Maskenpflicht. An seinem Beispiel kann gezeigt werden, wie die Sozialisierung von der CDU, deren Mitglied H. war,[1] in die Nähe der extremen Rechten in kurzer Zeit verläuft.
 
Oliver “Oli” H. betreibt zwei Hauptkanäle: “83metoo” und “Oli”. Beide Kanäle werden laut Impressum von der Firma “Haas Industries” aus 53804 Much betrieben und verfügen über zusammengenommen 224.000 Abonent_innen.[2] H. selbst steht im Mittelpunkt der weitestgehend im “Selfie-Modus” produzierten Videos[3]: Im Kanal “83metoo” veröffentlicht er Beiträge zu den Themen Autopflege, Technik, VLOGs und Verkehrspolitik. Das Programm ist produkt- und werbefinanziert und insofern abhängig von den Produktherstellenden. Mit “Oli” bewarb H. seit Anfang 2020 ein zweites Angebot, nachdem sich Follower_innen seines Autopflege-Kanals bei seinen Werbepartner_innen wegen zunehmender rechtspopulistischer Äusserungen meldeten. Ihm drohte eine wichtige Finanzierungsquelle wegzubrechen und so trennte er die Themen. Auf “Oli” behandelt H. Themen, die dem sog. Rechtspopulismus zugeschrieben werden können. Er verschafft darin Themen und Personen, z.B. in Beiträgen über Björn Höcke, entsprechende Reichweite und vertritt krude Thesen. So erfährt man von H.: “Also wir lernen: Eine Pharmalobby zwingt einen zum Impfen, man müsse bedenken da ist auch Quecksilber drin, sonst kommen die Kinder nicht in den Kindergarten.” In einem anderen Video zu den polizeilichen Schutzmaßnahmen nach den rassistischen Amoklauf in Hanau: “Man hat wirklich das Gefühl, man lebt hier 1984, geht über die Straße und spuckt vielleicht ein Kaugummi wohin, (…) auf einmal steht da einer wie bei der Gestapo mit Maschinengewehr im Anschlag.”[4]” Empathie mit den Opfern des rechten Terrorismus klingt anders.
Spiegel TV blendet Oliver H. exemplarisch für einen schwurbelnden “Verschwörungstheoretiker” ein.
 
“Schaut man sich seine Videos der letzten Monate an, so thematisiert er immer mehr die politischen Schieflagen und befindet sich wohl im Aufwach-Prozess”, befindet sein Zuschauer “Tequilla009” in einem Forum. Deshalb werde er nun als “Nazi/Rechtsradikaler” bezeichnet, heißt es weiter.[5] Spiegel TV blendet in einem Beitrag über die “Corona Verschwörung” einen Ausschnitt von Oliver H. ein als Beispiel für “Verschwörungstheoretiker aller Coleur”, bei denen “agitiert und geschwurbelt” wird.[6]
 
H. fiel erstmals durch seine Live-Übertragung von den Querfront-Protesten gegen den Westdeutschen Rundfunk in Köln am 4. Januar 2020 auf, an denen auch militante Neonazis und AfD-Politiker teilnahmen. Anlass der Demonstration war ein umgetextetes Kinderlied, welches auf den Klimanotstand anspielte. Gefordert wurde u.a. die Abschaffung des unkommerziellen Journalismus, indem die Finanzierungsgrundlage der Öffentlich Rechtlichen in Frage gestellt wurde. Cirka 100 Menschen nahmen an den Protesten teil. Beteiligt waren militante Neonazigruppen, organisierte Patriot_innen aus dem Umfeld von Dominik Roesler und Carsten Jahn, darunter die YouTuber_innen Yennyfer “Patriot On Tour” I. aus Düren, Lisa “Licentia” H. aus Köln sowie Liane “Lilly Thüringen” S. aus Thüringen. H. ließ sich von seinen Zuschauenden dabei beobachten, wie er sichtlich orientierungslos durch Köln irrte und den Ort der Kundgebung suchte. Mit schwarzer Mütze getarnt und in leicht geduckter Haltung übertrug H. seine Sorge vor Verfolgung auf die Zuschauenden. Dass H. sich vollkommen frei und unbehelligt durch den Gegenprotest bewegen durfte, schien seine Crowdfunding-Supporter offenbar nicht zu stören, die dem “Abenteurer” im Livestream artig Geld spendeten. Auf dem Appellhofplatz angekommen, schloss sich H. als Teilnehmer der Demonstration gegen den WDR an.
 
Durch die Teilnahme vernetzte sich H. weiter in der rechten Szene. Er lernte auf der Demo am 4. Januar Yennyfer I. aus Düren kennen. Sie lud ihn in einen extrem rechten Discord-Chat via Telefon.tube ein. Er unterstützte direkt die Übertragung, indem er hierfür den Live-Stream organisierte und befand:
“Ein weiterer kleiner Knoten den wir zwischen uns haben. Wir müssen uns mehr vernetzen, näher aneinander rücken und was mir ganz wichtig ist. Wenn wir 95 Prozent Schnittmenge haben, dann sollten wir zusammen arbeiten. Das ist was einige nicht verstehen,” so Oliver H.[7] In der Konferenz-Schalte machte H. auch Bekanntschaft mit Liane S. (Bündnis Deutscher Patrioten), welche hörbar um eine Zusammenarbeit und weiteren Kontakt warb. Auch erhielt er Zuspruch von “Elrondur”. Unter den Mitgliedern des ehem. Reconquista Germanica-Netzwerks gab es einen Aktivisten mit gleichlautendem Tarnnamen.
 
Auf den verschwörungsideologischen Demos zur angeblichen “Corona Verschwörung” in Köln zeigte sich H. gut vernetzt, begrüßte unter anderem die Mit-Initiatorin Bianca P. und tauschte sich mit Lisa „Licentia“ H. aus. Er selbst erschien in Begleitung von zwei anderen Personen.
 
Von sich selbst behauptet H.: “Ich bin fast für jeden und alles offen”. Zuschauende seiner Videos und Auftritte bei rechten Demonstrationen bekommen hingegen weniger offene Ansichten und Eindrücke vermittelt.[8]
 
Fußnoten
[2] lt. noxinfluencer.com-Messung vom 17.05.2020
[3] Selbstportrait “Wer ist 83metoo” (watch?v=ZwF8FHSf5pM).
[4] vgl.YouTube “EVxEvwerzHk?t=161” vom 21.02.2020
u.a. werden Verschwörungsidelogien verbreitet.
[6] Spiegel TV vom  11.05.2020, https://www.spiegel.de/panorama/spiegel-tv-corona-verschwoerungstheorien-a-f014b0c7-d425-45a8-9a1c-cf3b9d4c88a6 ab Minute 9:06 (abgerufen am 24.05.200)
[7] Youtube watch?v=KqdzU2qqBaA (Minute 51 ff., abgerufen am 5. Januar 2020).
[8] s. seine Videothemen-Liste, abgerufen am 24.05.2020:

Redebeitrag vom 18. Mai 2020 zu Johanne Liesegang und ihren Versuch eine “Klagemauer” zu installieren.

Dies ist eine Veranstaltung von dem „Rheinisches antifaschistisches Bündnis gegen Antisemitismus“. Im Namen sind schon unsere beiden Anliegen für diese Veranstaltung genannt: die praktische Kritik extrem rechter faschistischer Bestrebungen und der Kampf gegen jeden Antisemitismus.

Im Zusammenhang mit den Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie artikuliert sich in den letzten Wochen immer lauter eine Mischung aus ImpfgegnerInnen, EsotherikerInnen, extremer Rechte und AntisemitInnen aber auch sich als alternativ verstehenden Menschen. In den verschiedenen Telegramgruppen finden sich Verschwörungsideologien über eine angebliche Planung der Pandemie durch den Microsoft Gründer Bill Gates bis hin zu struktuerell antisemitischen Mythen einer New Order und einer jüdischen Weltverschwörung. Wissenschaftsfeindlichkeit, die auch in alternativen Kreisen verbreitet ist, die Kritik an der „Schulmedizin“ ( ein Begriff, der übrigens von den Nationalsozialisten geprägt wurde) öffnet hier die Tür zur Leugnung einer konkreten Gefahr für Gesundheit und Leben durch das Virus und Verschwörungsmythen einer angeblich bevorstehenden Impfpflicht und Diktatur.

Heute findet zeitgleich mit unserer Veranstaltung eine sogenannte Mahnwache auf dem Bahnhofsvorplatz statt.  Was da nach aussen bunt und alternativ daher kommt, ist real eine Veranstaltung, die extreme Rechte duldet und anzieht und mit Antisemiten kooperiert. Die Veranstalterin Johanne Liesegang steht nach eigener Darstellung in zentralen Punkten der Bewegung der sogenannten „Reichsbürger“ nahe und lehnt insofern die verfassungsrechtliche Legitimität der Bundesrepublik ab. Sie verbreitet esotherische Verschwörungstheorien hinsichtlich der Pandemie und einer bevorstehenden angeblichen Diktatur. Dabei kooperiert sie mit extremen Rechten, aber auch mit ehemaligen Linken wie der Nippeser Gruppe „Arbeiterfotografie“, die seit Jahren vor allem durch ihren Israelhass von sich reden macht.

Ein offenes Ziel von Johanne Liesegang ist die „Wiederbelebung“ der sogenannten „Klagemauer“ von Walter Herrmann. Walter Herrman betrieb bis zu seinem Tod mit seiner antisemitischen Installation auf der Domplatte einen Hotspot antisemitischer Hetze. Geduldet vom Ordnungsamt trotz vielfältiger Proteste Kölner Jüdinnen und Juden. Auf seinen Tafeln verbreitete er die Lüge vom Kindermord durch Israel, delegitimierte er den Staat Israel als faschistisches Apartheidsregime. All das gehört zur Agenda der „Arbeiterfotografie“ und ihrer „Neue Rheinische Zeitung“, all das soll unter dem Deckmantel der Kritik der Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie  wieder einen Platz in unserer Stadt bekommen.

Dagegen werden wir Widerstand leisten!

Deshalb rufen wir dazu auf, die sogenannte Mahnwache aktiv zu beobachten und antisemitische Aussagen zu dokumentieren und sie gegebenfalls zur Anzeige zu  bringen!

Gegen jeden Antisemitismus!

NS-Rap von Christoph „Chris Ares“ Zloch

Christoph Zloch ist Nationalsozialist und Mitglied des Bündnisses Deutscher Patrioten aus München. Dass er Zeit für drittklassigen Sprech-Gesang hat und sich nicht mit seiner Verteidigung vor Gericht beschäftigen muss, hat er der Staatsanwaltschaft München zu verdanken. Diese sah keinen Anlass, den auf Foto und Video dokumentierten Angriff auf einen Journalisten und eine Demo strafrechtlich zu verfolgen.

Unter dem Alias “Chris Ares” ist Zloch mäßig erfolgreich. Bei Facebook hat er gerade einmal 1.900 Likes. Sein Song “Neuer Deutscher Standard” wird auf Platz 95 der ohnehin nicht für hochwertige Musik bekannten Media-Control-Charts gelistet. Den Einstieg führt der Bayrischer Rundfunk/Puls Musik auf gesammelte Vorbestellungen zurück. Zloch hat seine Anhänger_innenschaft in identitären und rechtsextremen Kreisen.

Bereits im Juli wurde Zloch mit der im Sommerloch veröffentlichten EP “2014-2018” für kurze Zeit in den Anbietercharts von Amazon und iTunes gelistet. Diese Anbieter-Charts werden mehrmals täglich aktualisiert und bilden auch kurzfristige und manipulative Effekte ab. SPIEGEL.TV bauschte den Rapper dennoch in einem Beitrag als “erschreckend erfolgreich” und “im Mainstream (sic!) angekommen” auf. Erschreckend ist vor allem die Berichterstattung über einen fest verwurzelten Neonazi-Musiker. Denn nun hat auch die Süddeutsche Zeitung dem Neonazi eine 3/4 Seite gewidmet und nennt ihn “extrem und erfolgreich”.

Fakt ist: Durch die großen Medien wird Zloch eine enorme Reichweite und Werbemöglichkeit zu Teil. Es ist davon auszugehen, dass ihm die Präsenz und Aufmerksamkeit in den Massenmedien nun auch die Tür zur Musikpresse öffnet. Eine Sorge, die der Nazi als Hoffnung teilt: “Wir gewinnen an Relevanz”.

Im Lotta wurde die Kulturstrategie der Identitären Bewegung analysiert. Darin heißt es: “Offenkundig versuchen die „identitären“ Vertreter_innen Bezug auf Konzepte einer in linken Szenen geprägten Alternativ- und Subkultur zu nehmen, wo eigene ästhetische Ausdrucksformen und Praxen in Opposition zu der als dominant oder hegemonial verstandenen Kultur — dem sogenannten Mainstream — entwickelt wurden.” (Link s. unten)

Was wir schon vom Großmachen der AfD durch unkritische Medien kennen, bei denen uns aus nahezu jeder Talkshow Nazis und Rassist_innen entgegen lachen und sich relativieren können, scheint sich nun im subkulturellen Musikbereich zu wiederholen. So wird von PULS Musik des Bayrischen Rundfunks unkritisch der Identitäre Blogger Miro Wolsfeld in einem Beitrag verlinkt (s. Foto). Die Strategie der Nazis und Identitären ist es, eine Kontrakultur zu schaffen. Die Medien sind ihr wichtigstes Werkzeug dafür und es hat nicht den Anschein, dass das Gro der Medienvertreter_innen und Journalist_innen der Strategie der Nazis nicht erneut auf den Leim geht.

Links:
Bayrischer Rundfunk: https://www.br.de/puls/musik/aktuell/chris-ares-neuer-deutscher-rechtsrap-afd-100.html

Unkritischer Spiegel TV Beitrag: https://www.youtube.com/watch?v=dxTJG6MG9WY

Recherche zu Christoph Zloch und BDP: https://reflektierter-bengel.de/aus-muenchen-fuer-deutschland/

Outing der neonazistischen Wohngemeinschaft des Chris Ares: https://de.indymedia.org/node/61137

Wer und was ist das Arcadi?
Recherche der Kölner Antifa Teil 1: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/das-arcadi-magazin-identit%C3%A4r-rechts-antifeministisch
Recherche der Kölner Antifa Teil 2:
http://www.lotta-magazin.de/ausgabe/72/kontrakultur-aus-nrw

Vortrag und Diskussion: The Kids are Alt-Right

Vortrag und anschl. Diskussion vom heimischen Sofa aus! Wir haben für heute Abend 17:30Uhr einen Vortrag organisiert: “THE KIDS ARE ALT-RIGHT – Wie die Rechte Influencer*innen zur rechten Mobilmachung nutzt” mit Patrick Stegemann.

Die Nazi-Hipster*innen der Identitären Bewegung werben mit Hochglanzbildern auf Instagram. Längst haben rechte Gruppierungen und Influencer*innen die sozialen Medien als Plattform für ihre Propaganda entdeckt. Ihre Strategien basieren auf Emotionalisierung und Manipulation. Danach wird es einen Fokus auf die AfD geben und ihre Verbindungen mit rechten Influencer*innen und ihrer Strategie diesbezüglich.

Der Vortrag findet im Rahmen des 10. und digitalen AZ-Geburtstags statt:

Und so geht´s:
Um 17.30 Uhr auf entweder Twitter (www.twitter.com/unsersquat) , Twitch (www.twitch.tv/azkoeln) oder Youtube (https://www.youtube.com/channel/UCuQ_EeeEuZRmMved3_bIc-A) einschalten.
Ihr könnt an der Diskussion teilnehmen, indem ihr Fragen in die Kommentarspalten der jeweiligen Plattformen schreibt!

Das neu erschienene Buch “Die Rechte Mobilmachung” (Ullstein Verlag) ist im Handel erhältlich. Unterstützt wegen der Corona Pandemie und auch sonst kleine Buchhandlungen, z.B. BUNT Buchhandlung (https://buntbuchhandlung.buchhandlung.de/shop/quickSearch…)

Beachtet bitte auch das weitere interessante Programm der Geburtstagsfeier, welches hier veröffentlicht worden ist: https://www.facebook.com/Autonomes.Zentrum.Koeln/posts/3067991839926913

Polizeigewalt auf dem CSD 2016 in Köln: Prozessbericht zu Der Staat gegen Sven W.

 Oberlandesgericht (OLG) beendet Fiasko der Staatsanwaltschaft Köln und der Polizei Köln
Am Morgen des 18. Februars fand im Gerichtssaal 301 des Oberlandesgerichts Köln ein Trauerspiel des jüngeren Justizwesens ein vorläufiges Ende (Aktenzeichen III-1 RVs 188/19). In diesem holzvertäfelten Saal residierte einst der Oberste Gerichtshof für die Britische Zone, der in über 550 Verfahren NS-Verbrechen verhandelt hat. Das OGH-BZ hat weithin anerkannte Pionierarbeit im Strafrecht geleistet. Ob das OLG sich dem Saal des OGH-BZ würdig erweist, bleibt mit Fragezeichen behaftet. Die Staatsanwaltschaft Köln scheiterte kläglich.
  
Zwei Kamerateams von RTL und WDR und vielleicht 20 Angehörige, Unterstützer_innen und Zuschauer_innen interessierten sich für dieses ungewöhnliche Verfahren. Sven W. war angeklagt der Körperverletzung, des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte_innen und der Beleidigung. Die Sache hatte ein fast vierjähriges Vorspiel, das vielfach in Rundfunk, Fernsehen und Presse seinen Niederschlag fand. Der Verlauf ist nicht mal eben erzählt. Mehrere Aktenordner füllen die Verfahrens- und Presseberichte. Dennoch an dieser Stelle ein kurzer Abriss zum Verständnis des Urteils.
Sven W. feierte den Christopher Street Day (CSD) am 3. Juli 2016 in Köln mit rund einer Millionen Menschen in bester Laune. Angetrunken suchte er die Toilette der McDonalds-Filiale gegenüber dem Dom auf. Dort schlichtete er einen Streit zwischen einem noch heute unbekannten Mann und zwei Frauen, die sich in die Schlange vor der Männertoilette eingereiht hatten. Mitarbeiter_innen hielten Sven W., der sich auch nicht in jeder Hinsicht vorbildlich verhalten hat, für den Übeltäter und riefen die Polizei.
Nachdem Sven W. auf die Ansprache eines Polizisten nicht reagierte, versetzte dieser ihm einen Blendschlag. In Folge des heftigen Schlags ging Sven W. bewusstlos zu Boden. Wer Sven W. leibhaftig sieht, hat einen schlaksigen jungen Mann vor Augen, den jede robuste Ohrfeige zu Boden streckt. Er konnte nach Hinzutreten weiterer Polizeibeamt_innen erst mit Schmerzreizen geweckt werden. 
Nach der Festnahme wurde der gefesselte Sven W. in ein Fahrzeug der Polizei verbracht – zwischenzeitlich noch mit Tritten und Schlägen bedacht. Während der Fahrt drückte der neben ihm auf der Rückbank sitzende Polizist seinen Schädel mit Arm und Ellbogen gegen die C-Säule des Fahrzeugs und beleidigte ihn: „Das brauchst Du doch, du dumme Schwuchtel!“ Der hilflose Sven W. erwiderte: „Nazi“, „Arschficker“, „Wichser“ und „Was soll das Ganze bloß?“
Die Misshandlungen setzten sich auf der Polizeiwache fort, was für die vor dem OLG verhandelte Revision ohne Bewandtnis war. Sven W. konnte von Glück sagen, dass eine junge Polizeischülerin den unglaublichen Mut aufbrachte, den Korpsgeist der Polizei zu durchbrechen, und seine Version weitgehend bestätigte. Dass sie ihr Ausbilder wegen der Verletzung der Omertà durch die Prüfung fallen ließ und sie sich in den Polizeidienst zurückklagen musste, steht auf einem weiteren Blatt des Polizeiskandals. Das Landgericht (LG) hat festgestellt, dass sämtliche Taten gegen Sven W. rechtswidrig waren; ihm stand mithin das Recht auf Notwehr gegen die „tatkräftigen“ Polizisten zu.
Ungewohnt für ein Revisionsverfahren trug die berichterstattende Richterin den Sachverhalt aus dem Urteil des LG vor. Der Vorsitzende erteilte dann Sven W. das Wort. Er sollte berichten, wie es ihm ergangen sei. Sven W. schilderte ein fast vier Jahre währendes psychisches Märtyrium, das mit der Polizeigewalt gegen ihn begann und durch die jahrelangen Verfahren der Staatsanwaltschaft weiter genährt wurde. Er sei sogar von der psychischen Behandlung einer städtischen Klinik ausgeschlossen worden, weil er als Täter angeklagt gewesen sei. Einen ordentlichen Beruf habe er nicht erlernen können, sein Studium abbrechen müssen. Er arbeite jetzt ehrenamtlich beim DRK. Vier Jahre seines Lebens und die Zukunft des jungen Mannes sind zerstört durch Polizeigewalt und Verfolgung durch die Justiz.
Das OLG hat Mängel am Urteil des LG erkannt. Angezeigte Verbesserungen an der Urteilsfindung und –begründung des LG zu den Tatbeständen der Körperverletzung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte führten materiell jedoch zu keinem anderen Urteil als den Freisprüchen des Angeklagten zu beiden Taten. Die Freisprüche sind damit rechtskräftig. Das ist zunächst ein großer Erfolg und eine enorme Erleichterung für Sven W.
Hinsichtlich des Tatbestands der Beleidigung sahen die drei Richter_innen am OLG hingegen einen Mangel am Urteil. Das Landgericht habe sich unberechtigter Weise auf Notwehr und einen außerrechtlichen Notstand berufen. Eine Beleidigung könne nicht als Notwehr durchgehen, da sie nicht geeignet gewesen sei, die rechtswidrige Tat des Polizeibeamten zu verhindern. Nur stand dem Opfer der Polizeigewalt keine andere Gegenwehr zur Verfügung, die den Angriff hätte abwehren können. Offenkundig war es für das Opfer der einzige Ausweg, den Täter – auch durch Intervention der mitfahrenden Polizist_innen – mit dem härtesten, ihm verfügbaren Mittel, also Beleidigungen, von weiteren Misshandlungen abzuhalten. Der Verteidiger machte ebendies geltend. Der Ausruf „Nazi“ in Verbindung mit „was soll das Ganze bloß“ sei aus der subjektiven Sicht des Angeklagten sehr wohl als ein Weckruf an die Polizeibeamt_innen geeignet gewesen, den Täter von der Gewalt und den Beleidigungen abzubringen. Das Gericht folgte dem nicht. Die Beleidigungen blieben allein deshalb straffrei, weil sie wechselseitig erfolgten und das Gericht unter Würdigung der Umstände von einer Strafe absehen konnte.
Wer also wehrlos den Schikanen der Peinigenden ausgeliefert ist, darf um Ablassen anflehen; eine Reaktion wie „Du Arschloch, lass mich los“ auszusprechen, bliebe für das Opfer hingegen strafbar. Wer beleidigt wird, kann folgenlos die Faust im Gesicht des_r Täters_in landen, um weitere Beleidigungen zu unterbinden. Die niederschwellige und harmlose Tat der Beleidigung gewährt uns ein Notwehrrecht mit Hilfe brutaler Gewalt. Die brutale Gewalt gewährt uns kein Abwehrrecht mit Hilfe der Beleidigung, selbst wo uns kein anderes Mittel zur Verfügung steht. Hätte sich Sven W. zufällig befreien können und dem schikanierenden Polizisten mit einem Schlag außer Gefecht gesetzt, wäre Notwehr gegeben gewesen.  
Die Einschätzung des OLG mag dem Prüfschema der Jurisprudenz entsprechen. Überraschen muss, dass die Menschenwürde und ihr absoluter Schutz durch das Grundgesetz nicht der Erwähnung wert waren. Nichts verletzt die Würde des Menschen so sehr, ohne Widerstand erdulden zu müssen, seiner Menschenwürde beraubt zu werden. Dies kann nicht Recht sein. Das Grundgesetz spricht in den Artikeln 1 und 2 eine gänzlich andere Sprache; in der Verhandlung fand eine solche Überlegung keinen Widerhall.
Das OLG hat die Staatsanwaltschaft vor und während der Hauptverhandlung mehrfach angehalten, die Revision zurückzunehmen. Die Gründe lagen zum einen in der Erfolgslosigkeit der Revision hinsichtlich der Tatvorwürfe der Körperverletzung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte_innen und zum anderen in der Belanglosigkeit der Beleidigungen. In § 147 Absatz 1 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren, die für Staatsanwälte_innen bindend sind, heißt es: Der Staatsanwalt soll ein Rechtsmittel nur einlegen, wenn wesentliche Belange der Allgemeinheit oder der am Verfahren beteiligten Personen es gebieten und wenn das Rechtsmittel aussichtsreich ist. [Hervorhebung d. Verf.] Die prozessführende Oberstaatsanwältin hätte hierzu bis zu ihrem Schlussantrag Gelegenheit gehabt. Sie führte „rechtliche Gründe“ an, dies nicht zu tun, die in der Verhandlung im Dunkeln blieben. Die Staatsanwaltschaft beantragte, den Angeklagten der Beleidigung für schuldig zu befinden und ihn zu 20 Tagessätzen á 10 Euro auf Bewährung für ein Jahr zu verurteilen.
 
Die Staatsanwaltschaft beschäftigt ein OLG mit drei Berufsrichter_innen, den Pflichtverteidiger und eigene Staatsanwält_innen sowie alle weiteren erforderlichen Kräfte, um den Freispruch 1. Klasse des Landgerichts in einen symbolischen Schuldspruch mit einer Bewährungsstrafe von 200 Euro zu wandeln. Es dürfte wohl als völlig abwegig gelten, dass hier wesentliche Belange der Allgemeinheit betroffen waren, zumindest was die Schuld des Angeklagten anbelangte, nicht die der Täter in Uniform. In jedem anderen Strafverfahren diesen Tatausmaßes, welches nicht die Vorgeschichte einer Kollusion der Interessen zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft gehabt hätte, wäre es niemals zu dieser Revision gekommen.
Wie geht es weiter?
Immerhin sieht sich die Polizei des Vorwurfs schwerer Straftaten wie Freiheitsberaubung und Körperverletzung ausgesetzt. Auf Frage des Gerichts gab der Verteidiger konsterniert zu Protokoll, dass er aus seiner Akteneinsicht nicht den Eindruck gewinnen konnte, hier werde gegen die Täter in der Polizei ausreichend ermittelt. Die Oberstaatsanwältin wollte sich zum Verfahren nicht äußern, außer dass es im Gange sei.
Führende Ermittlungsbehörde ist in diesem Fall die Polizei Düsseldorf. In Düsseldorf sitzt auch der oberste Dienstherr, Innenminister Herbert Reul. Reuls Staatssekretär Jürgen Mathies, zur Tatzeit noch Kölner Polizeipräsident, stellte höchstselbst als Dienstvorgesetzter gegen Sven W. Strafantrag. Wird sich das Land NRW bei Sven W. entschuldigen und ihm eine Entschädigung anbieten oder wartet man auf seine Klage auf Schmerzensgeld?
Wer sich gemäß dem Kölner Motto „Arsch huh, Zäng ussenander“ den Mitmenschen verpflichtet fühlt, muss aufpassen, dass er nicht schnell selbst zum Opfer – der Staatsgewalt – wird. Ein faires Verfahren, in dem Polizist_innen als Beschuldigte beteiligt sind, ist in Köln mit der bestehenden Staatsanwaltschaft anscheinend nicht zu erwarten.
Es bleibt Sven W. zu wünschen, dass er die Kraft aufbringt, sich aus dieser Malaise zu befreien und die seelischen Narben verheilen zu lassen. Wenn wir ihm dabei helfen, geht es schneller.
 
Köln, 1. März 2020
Bei Facebook: https://www.facebook.com/257268208389112/posts/613659119416684/
Aktuellen Studie zur Polizeigewalt:
Bereits erschienene Presseberichte zu dem Vorfall und Prozess:
Etwas älteren Medienberichte:

Ein kritischer Polizist der zum “Besorgten” wurde.

Einst gründete B. die NRW-Gruppe kritischer Polizisten mit und engagierte sich nach eigenen Angaben für Gefüchtete. Ein im Internet veröffentlichter Brief beschreibt seine Abkehr vom Grundgesetz und öffentlich-rechtlichen Institutionen wie dem WDR. “Ich sehe die Welt aus dem Blickwinkel meiner früheren Tätigkeit. Das bleibt nicht aus. Das kann mein Land erwarten,” so B.

Schauen wir uns den “Blickwinkel” dieses “Polizei-Pensionärs” genauer an: B.erkennt “verfassungsfeindlichen Bestrebungen, die die Regierung Merkel vorangetrieben hat”. Sein Hauptkritikpunkt dass Geflüchtete nicht geprüft würden, wer nach Deutschland einreise. Schon 2015 war “[B.´s] Einstellung zu dieser auf das Grundgesetz gestützten Bundesrepublik […] massiv beeinträchtigt. Hier hatte die Regierung alles außer Kraft gesetzt, was bindend war.” An anderer Stelle verbreitet B. Verschwörungsideologien zu Hanau in denen von einer “Gleichschaltung der Medien” die Rede ist und gefragt wird, ob “AfD, Pegida und Co. doch recht” hätten. B. verbreitet Bilder vom Schwarzen Block, unterschrieben mit “Regierungstruppen des WDR” und teilt Inhalte von Peter Weber, der eine Störaktion gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk organisiert. Privat ist er als Radioamateur aktiv. “Linke Nazis” (sic!) seien am Werk, als sich zu Karneval betrunkene Jugendliche prügeln.

B.ist ein 1954 geborener, pensionierter Polizeibeamter und Kriminalermittler aus 50739 Köln, der nach eigenen Angaben die NRW-Gruppe kritischer Polizisten mitgründete. Er ist Katholik, pro semitisch, betreibt eine Landwirtschaft in Ostfriesland und ist Hobby-Musiker.

#RechtesKarneval2020

Wir verleihen ihm den Aluhut.