Oden fürs Volk. Pop, Nationalismus und Silbermonds „Mein Osten“

Liebeeserklärungen an die Heimat als antifaschistische Statements zu verklären, ist ganz offenbar eine deutsche Sportart.

Silbermond erklären Bautzen und “dem” Osten in ihrem Song “Mein Osten” ihre Liebe. Darin heißt es: “Ich kenn Bautzen. Ruppig, herzlich, wie du bist.” Der Song sei in Reaktion auf die Zustände in der Stadt gedacht. Erinnern wir uns kurz an den “freundlichen Blick” und die “ruppig, herzliche” Stimmung in Bauzen 2016: Im Februar des Jahres wurde das als Geflüchtetenunterkunft vorgesehene “Hotel Husarenhof“ unter rassistischem Jubel Schaulustiger in Brand gesteckt. Etwa 80 gewaltbereite Neonazis schlugen 15 bis 20 jugendliche Geflüchtete wenige Monate später zusammen. Im Dezember des selben Jahres flogen fünf Molotowcocktails auf das Gelände einer Unterkunft.[1] Silbermond singen in einer Zeile gegen die “Ideen von 1933” und an anderer Stelle gegen die “Angst”.
Ein klares Zeichen gegen die Ideen des deutschen Nationalismus und den Rechtsruck setzt die Band damit nicht. Sie ruft balladesk zum Durchhalten und Abwarten auf (“Wir kriegen irgendwas hin”), beschwört die Gemeinschaft (“Meine Wurzeln, mein Revier”) und will niemandem auf die Füße treten. “Mein Osten” bleibt heimelig und diffus und auch für all diejenigen kompatibel, die nach rassistischen Nächten im Mob zu Hause etwas entspannen wollen.[2]

Im Video inszeniert sich die Band im warmen Licht und setzt auf entspannte und positiv wirkende Bilder. Die Band gibt vor, die rassistischen Ausschreitungen in Bautzen zu thematisieren.

Immer wieder wird die Band Silbermond von Pop-Linken wie I Cant Relax In Deutschland kritisiert. So heißt es dazu 2005 im neues deutschland, dass : “Bands wie »Silbermond«” (…) mit Deutschland keine Probleme haben.”[3] In einigen Songs (“Mach´s dir selbst” und “Immer am Limit”) wird eine neoliberale Botschaft gesendet, kritisiert ein Verfasser bei Indymedia: “Die Message ist also: Du allein bist für Dein Schicksal verantwortlich und nicht etwa Dein soziales Umfeld oder das kapitalistische System – und: Wenn Du gut bist dann schaffst Du es auch! (…) Der Gedanke dahinter: In Zeiten von Massenarbeitslosigkeit, HartzIV und wirtschaftlicher Depression wollen wir kein Gejammere oder Kritik, wir brauchen eine Gute-Laune-Stimmung im Land.”[4]

Derzeit kursiert mit “Nazis raus” von Nosliw ein auf Sommerhit gekämmter Song, eigentlich schon 10 Jahre alt [5]. Selbst bei diesen ansonsten klaren Textzeilen meint der Künstler, in der ersten Zeile seine Heimatverbundenheit darstellen zu müssen. Nach dem Motto: Ich bin ja gegen Nazis, aber…

Es sollte nicht um eine andere, sondern um etwas besseres als die Nation gehen.

NO LOVE FOR THE NATION!

Quellen:

[1] Die Ausschreitungen von Bautzen 2016 sind u.a. bei Wikipedia dokumentiert: https://de.wikipedia.org/wiki/Bautzen#Ausschreitungen_2016

[2] Der Liedtext: https://www.azlyrics.com/lyrics/silbermond/meinosten.html

[3] Neues Deutschland: https://www.neues-deutschland.de/artikel/80169.i-cant-relax-in-deutschland.html

[4] Indymedia: http://de.indymedia.org/2007/06/181557.shtml

[5] https://www.youtube.com/watch?v=7E8kwZInH4U&t=40s; der Musiker ist umstritten und hat sich in der Zeit nach dem Song der Querfront-Szene angenähert, u.a. KenFM.