Die Geister die sie riefen – Ein Kommentar zur Debatte um die “Oma im Hühnerstall”

Es ist Ausdruck des auslaufenden Jahrzehnts, dass der WDR-Rundfunkintendant und der Nordrhein-westfälische Landeschef im „Hühnerstall“ mit extremen Rechten zusammen kommen, während betroffene Journalisten die Nationalsozialisten im Vorgarten stehen haben. Wie es um die demokratische Standfestigkeit in der deutschen Gesellschaft bestellt ist, lässt sich anhand einer Debatte um den Liedtext „Oma im Hühnerstall“ zeigen. Dass überhaupt eine Debatte hierüber entfacht worden ist, stellt an sich schon eine Bankrotterklärung an die Demokratie dar.
Da sind zum einen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und WDR-Intendant Tom Buhrow, denen offensichtlich ein kurzer Verweis auf die redaktionelle Entscheidungsautonomie und die künstlerische Freiheit nicht in den Sinn kam, als sie sich zum Hühnerstall meinten äußern zu müssen. Der Öffentlichkeit wäre die Infragestellung von Grundwerten in der Folge erspart geblieben. Anstatt der Wehrhaftigkeit der Demokratie Ausdruck zu verleihen, haben zwei höchste Funktionsträger des Landes NRW im Kampf gegen Rechts auf andere und eigentümliche Art und Weise „Gesicht gezeigt“ – und zwar für die politische Sinnkrise und das Unvermögen der demokratischen Repräsentanz. Laschets und Buhrows Handeln hat letztlich wütende „Besorgte“ darin bestärkt, die “Oma im Hühnerstall“ mit Vehemenz und im Schulterschluss mit den militanten Neonazis vor den WDR zu tragen, von denen ein Teilnehmer erst kürzlich in Berlin den „einen Galgen, einen Strick, ein Pressegenick“ forderte.
Gewalt zur Durchsetzung rechtsextremer Interessen ist Teil des praktizierten Aktionskonsenses zwischen diesen  „Besorgten“ und militanten Neonazis. In der rechten Querfront wird die Bedrohung, Zerstörung und Vernichtung des politischen Gegenübers arbeitsteilig gelöst. Am Rande des Geschehens werden zum einen Andersdenkende von Neonazis durch die Straßen gejagt und zugleich wurde die rechte Kundgebung von Stimmen der Vernunft organisiert abgeschirmt. Das ließ sich beobachten als sich zwei Kölner_innen ein Herz fassten und vom Angebot des offenen Mikrofons Gebrauch machen wollten. Den „Besorgten“ schien das zu viel der „Meinungsfreiheit“ und der zu erwartenden Gegenrede, so dass der unliebsame Beitrag nach nicht einmal 10 Sekunden abgewürgt wurde und die Zwei an den militanten Mob in Springerstiefeln und Bomberjacken „übergeben“ wurden.
Die organisierten Neonazis fördern eine sich aufheizende Stimmung und ermöglichen, dass sich der  Mob aus „Besorgten“ weiter radikalisiert. Deren infantiles und erz-reaktionäres Geschrei entzöge jedem ernsthaft beabsichtigten Meinungsaustausch bereits im Vorraus die eigene Grundlage.
Das demokratische Unvermögen zur Schau stellend, ist den „Besorgten“ die „Oma“ bloß ein willkommener Vorwand, um selbst kräftig den „Eber“ bzw. die „Sau“ raus lassen zu können. Die „Besorgten“ projizieren ihrerseits die als „Umweltsau“ besungene „Oma im Hühnerstall“ auf die eigene, soziale und wirtschaftlich ausweglos erscheinende Lage. Der aus Mönchengladbach angereiste Reichsbürger Josef H. (s. Foto) redet von der „Omma“ um 1945. An dieser “Omma” ist nichts ehrenhaft gewesen, sie war gemeinsam mit „Oppa“ Teil der Täter_innengeneration und steht für das Wegschauen und die Teilnahme an millionenfachen Menschenrechts- und Kriegsverbrechen im Rahmen einer  industriellen Massenvernichtung. Der ökologische Fußabdruck derjenigen, die von den alliierten Fliegerbomben nicht heimgesucht worden sind und deshalb nach der nationalsozialistischen Barberei Zeit für Beruf, Familie, Müßiggang und Geschichtsleugnung hatten, war und ist miserabel.
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Hintergrundinfos:
Bericht zur rechten Kundgebung mit Fotos: https://www.facebook.com/RABAkoeln/posts/569190793863517
Statement von Fridays for Future Köln: https://www.facebook.com/RABAkoeln/posts/570038603778736
Analyse der rechten Hetzkampagne: https://www.facebook.com/RABAkoeln/posts/570291753753421

Mehr zum Redner Josef H.: https://www.demokratie-leben-aachen.de/de/aktuelles/detail/antisemitismus_corona