PM: 1000 Menschen versammeln sich nach dem neonazistischen Amoklauf von Halle in Köln

“Es ist uns gemeinsam gelungen, in kürzester Zeit ein starkes Zeichen gegen antisemitischen Terror und Rassismus in Deutschland nach dem Amoklauf von Halle zu setzen. Vor dem Hintergrund des gesamtgesellschaftlichen Versagens bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung aus der antifaschistischen Bewegung heraus gemeinsam mit Kräften der Zivilgesellschaft. Es darf dabei nicht bei Reaktionen auf neonazistische Taten im Nachhinein bleiben. Die demokratischen Kräfte in der Gesellschaft müssen durch eine offensive und klar antifaschistische Politik die Neonazis, Rechtspopulist_innen und Antisemit_innen endlich unter Kontrolle und in die Defensive bringen,” fordert Tom Wohlfarth vom Rheinischen Antifaschistischen Bündnis gegen Antisemitismus (RABA).
Um 18 Uhr versammelten sich bis zu 1000 Menschen auf der Kölner Domplatte um den Opfern des antisemitischen Anschlags in Halle zu gedenken. Aufgerufen hatten neben RABA auch die Synagogen-Gemeinde, das Bündnis gegen Antisemitismus Köln (BgA), die Deutsch-Israelischen Gesellschaft AG Köln, die Kölnische Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, das Domdechant, das Autonome Zentrum Köln und viele weitere Gruppen aus der Zivilgesellschaft. Alle Redner_innen erklärten untereinander die Solidarität mit den jüdischen Gemeinden in Köln und verliehen ihrer Sorge in ihren Reden Ausdruck aufgrund der gesellschaftlichen Radikalisierungsprozesse zu Gunsten eines antisemitischen, rassistischen und sexistischen Klimas in Deutschland.
Helge David Gilberg von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft forderte mehr Mutbürger und nannte es eine Schande, dass sieben Jahrzehnte nach dem Holocaust jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger berechtigte Angst um Leib und Leben haben müssen. Den nun diskutierten besseren Polizeischutz nannte Gilberg einen Ausdruck eines größeren gesellschaftlichen Versagens, so Gilberg. David Klappheck von der Synagoggen-Gemeinde Köln verlieh der wachsenden Unsicherheit seiner Synagogen-Gemeinde Köln in seiner Rede Ausdruck unter Verweis auf nicht mehr nachvollziehbare Rechtsprechungen, welche wie im Fall von Renate Künast Hass und Hetze nicht mehr ahnden würden. Solidaritätsbekundungen an die Versammlung richteten OB Henriette Reker, Susanna Dos Santos (SPD NRW) und Jan Fischer (Solid).

Die RABA-Rednerin Alina Hofmann kritisierte die Bundesregierung und die Sicherheitsbehörden scharf und betonte das Versagen eines aufgebauschten Sicherheitsapperates, der nichts zur Sicherheit beitrage. „Die politische Rhetorik vom ständigen Empört-sein und dem nicht Vorstellen-können verfängt nicht mehr in dem Deutschland, in dem rassistische Hetze, antisemitischer Terror und neonazistische Gewalt zur Tagesordnung gehören,“ mahnte unsere Rednerin in Richtung Annegret Kramp-Karrenbauer und Frank Walter Steinmeier. Sie kritisierte auch die Stadtentwicklung Kölns, welche alternative Kulturprojekte bedrohe, die zugleich ein Schutzraum darstellten für die von Nazis, Antisemit_innen und Sexist_innen bedrohten Menschen und Gruppen in der Stadt. „Nur fast durch Zufall hat der Täter keine Moschee und kein linkes Zentrum angegriffen,“ so Hofmann.
“Wir bedanken uns für die breite Unterstützung und die zahlreichen Menschen die sich unserer Kundgebung angeschlossen haben. Dem Zeichen der Solidarität müssen nun aber auch Taten folgen. Der Schutz von jüdischen Einrichtungen muss ausgebaut werden. Auf den Staat kann hier nur bedingt Verlass sein, wie die Ereignisse von Halle zeigen. Die jüdischen Einrichtungen brauchen unmittelbare Unterstützung aus der antifaschistischen Bewegung und der Zivilgesellschaft. Alle Formen des Antisemitismus – hier auch vor allem die besonders beliebte Form der “Israelkritik” und des Rassismus bedürfen der rücksichtslosen Kritik! Wie schnell aus Worten mörderische Taten werden können, zeigt der Anschlag von Halle eindrücklich. Die geistigen Brandstifter aus nahezu allen politischen Milieus müssen daher als solche auch benannt und bekämpft werden,” so Wohlfarth weiter
Am Ende der Kundgebung schlossen sich viele Teilnehmende solidarisch der kurdischen Demonstration gegen den völkerrechtswidrigen Krieg in Rojava an.
Köln, den 11. Oktober 2019