Rechte Influencerin: Franziska Schreiber

#MitRechtenReden erlebt eine Steigerungsform beim öffentlich-rechtlichen Content-Netzwerk Funk, welches Video-Blogger_innen eine Plattform mit großer Reichweite bietet, die an junge Menschen gerichtet ist. Jahrelang war Funk den Angriffen von rechten Meinungsmachenden und Attacken von rechten Trollen ausgesetzt. Nun hat Funk offenbar die Stimmungsmache der extremen Rechten belohnt und die Dresdnerin Franziska Schreiber angeworben.

Sich selbst stellt Franziska Schreiber als „Franzi“ vor, „weder rechts noch links noch mittig“. Sie ist ehem. Vorstandsmitglied der Junge Alternative Sachsen und durfte mit ihrem Buch “Inside AfD” werbewirksam durch die TV-Kanäle geistern und sich dort als AfD-Aussteigerin präsentieren. Dass Menschen ihre rechte Gesinnung nicht automatisch durch Parteiaustritte ablegen, ist eine Binsenweisheit. Per Twitter hat sich Schreiber in der Vergangenheit proisraelisch geäußert und in ihrem nicht aktualisierten Autorenprofil des rechten Mediums “Eigentümlich Frei” stellt sich Schreiber als „Anarchokapitalistin, ehrenamtliche Israellobbyistin und Transhumanistin“ dar. In den professionell produzierten und als billig inszenierten knapp 10-Minütigen Funk-Videos erklärt Franziska Schreiber, dass „man (…) stolz auf Deutschland sein und öfter mal die schwarz-rot-goldene Fahne schwenken (solle)“, sie “diskutiert” warum „Feminismus peinlich und nutzlos“ sei und nennt die Klimabewegung Fridays For Future “heuchlerisch”. In ihren Videobeiträgen veröffentlicht Franziska Schreiber niedrigschweillige Einstiegsthemen in die rechte Gedankenwelt und beweist ihre ideologische Nähe zur extremen Rechten. Im Reddit Forum wurde ihr Kanal kritisch diskutiert und als “wunderbar Faschismus legitimierendes Argument” bewertet.

Die von Schreiber angewandte Kommunikationsstrategie wird auch von anderen Vloggern und Medien benutzt, z.B. vom Leverkusener #Arcadi Magazin, welches der extrem rechten Identitären Bewegung, Burschenschaften und AfD- sowie Junge Alternative-Funktionär_innen nahesteht. Aus internen Dokumenten des Arcadi-Trägervereins Publicatio geht hervor, dass 2017 das Konzept für ein „an das öffentlich-rechtlich produzierte “Funk”-Netzwerk angelehntes Portal“ ausgearbeitet werden sollte und dafür „bereits ca. 15 Internetpersönlichkeiten angeworben“ worden sind. Der Verein gab den Auftrag, das Konzept zunächst weiter auszuarbeiten. Auf einer später erschienenen Testplattform waren zwischenzeitlich Profile und Videos vom rechtsextremen recht garstigen Hetzer Hagen Grell oder dem Chef der Identitären Bewegung Österreich Martin Sellner zu sehen. Zu den Gründern des Publicatio-Vereins aus 2016 gehört André Ufer, Bundesvorstand der Junge Alternative aus Dresden.

Schreibers Funk-Kanal wird von Objektiv Media produziert, die auch Aktion Mensch, Greenpeace, die Soziale Selbstverwaltung u.v.m. zu ihren Referenzen zählt. Die Produktionsfirma dichtet Schreiber “eine differenzierte und doch ganz klare Haltung” im “oft nur schwarz und weiß erscheinenden” Diskurs an, ihre rechte Verankerung bleibt unerwähnt. Auf der Webpräsenz von Funk wird Schreiber der Neuen Westfälischen nach als „Journalistin“ und „Stimme der Vernunft“ präsentiert. Ihre rechten Wurzeln kommen eher beiläufig in einem unteren kleineren Abschnitt unter, kritisiert die Neue Westfälische. Zur Redaktion zählen Marvin Neumann, Inga Haupt, Gabriel Cacic und Stefan Spiegel. Das Design verantwortet Rainer Düring.

Link:
Bericht der Neue Westfälischen: www.nw.de/blogs/games_und_netzwelt/2250

Reddit Forum: https://www.reddit.com/r/Dachschaden/comments/b62s0f/franziska_schreiber_hat_nun_einen_funkkanal/

Pressemeldung von Funk: https://presse.funk.net/format/franziska-schreiber/

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Mit dem Völkischen kontaminierte Musik: Andreas Gabalier

Besser hängt man Andreas Gabalier in gallischer Tradition an einen Baum, um ihn an dem zu hindern, was er am liebsten tut: breitbeinig seine Alpen-Kitsch- und Après-Ski-Blödel-Songs mit Sexismus und völkischer Ideologie aufzuladen und zu verbreiten.

Unter Rot-Grün galt es Anfang des Millenniums noch als gewagt, wenn sich Bands mit flotter Gitarren- und Elektromusik in Deutschlandfahne eingehüllt zeigten, sich als Patriot_innen selbst feierten und auf „Heimat Sounds“-Samplern vereinten. Kurz vor der Weltmeisterschaft in Deutschland hatten viele die geeignete Ausrede entdeckt für ungehemmten Nationalismus von Kopf bis Fuß, im Wohnzimmer, am Balkon, am Fahrrad und am Auto . Doch als der Rapper Fler 2005 mit einem Schießbefehl von Adolf Hitler sein Album bewarb, blätterte auch von Schröders Patriot_innen die erste rote Farbe ab. In die nationalistische Kerbe schlägt auch der österreichische Sänger Andreas Gabalier. Auf dem Albumcover „Volks-Rock ‘n Roller“ posiert er als Hakenkreuz. Gabalier bedient auch hinter der Plattenhülle die Phantasien einer “reinen” Volksgemeinschaft und zeichnet ein Heimatbild, das nur nach völkischen Prinzipien als intakt und erstrebenswert gilt. Im Lied “Mein Bergkamerad” besingt er das “eiserne Kreuz” und im Lied “Biker” versteckt er einen österreichischen Gruß an die Achsenmächte des zweiten Weltkrieges Italien, Deutschland und Japan. Der 34jährige Gabalier wirkt gerade wegen seines literarisch wie musikalisch uninspirierten Gesamtpaketes wie das Echo aus einer vergangenen Zeit der 1930er bis 1950er Jahre. Die rückwärtsgewandte, ungelenke und schwarz-weiße Verrenkung von Andreas Gabalier hätte daher als Covermotiv nicht besser gewählt werden können. Gabalier verspricht seinem Publikum, dass bei ihm kein Rock ‘n Roll zu befürchten und dafür eher Völkisches zu erwarten ist.

Elvis Presley war nicht ohne Grund kein Deutscher, als er den Rock´n Roll nach Deutschland brachte und Jugendlichen, die unter dem autoritären Staat und ihren Eltern litten, Musik der Befreiung und den Ausdruck des Widerstandes an die Hand gab. Rock´n Roll steht im historischen Kontext für den kulturellen Ausdruck eines Lebensgefühls für Freiheit, gegen Deutschland und gegen Krieg. Rock´n Roll war das rebellische Lebensgefühl und das Auflehnen gegen eine zipfelmützige Repebulik, deren konservativ-regressiver Kern den Täter_innen der Shoah eine steile Karriere durch die Institutionen bescherte.
Der nach Größe heischende „Bergbauernbua“ Gabalier sähe sich nur allzu gerne in legitimer Nachfolge des Rock ‘n Rolls. Doch letztlich bekommt man bei Gabalier nur das, was er ist: Musik auf Ramschniveau. Gabalier steht für die Gegenaufklärung, die Anti-Moderne und für das Kleine, für Begrenzung und Unterdrückung und damit für jene Werte, welche der Rock ‘n Roll überwindet. Gabalier steht nicht in der Tradition von Elivs Presley, er steht nicht einmal in der Tradition der Spider Murphy Gang oder von Peter Kraus. Gabalier steht in der Tradition von deutscher Musik unterm Hakenkreuz.

 

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Oden fürs Volk. Pop, Nationalismus und Silbermonds „Mein Osten“

Liebeeserklärungen an die Heimat als antifaschistische Statements zu verklären, ist ganz offenbar eine deutsche Sportart.

Silbermond erklären Bautzen und “dem” Osten in ihrem Song “Mein Osten” ihre Liebe. Darin heißt es: “Ich kenn Bautzen. Ruppig, herzlich, wie du bist.” Der Song sei in Reaktion auf die Zustände in der Stadt gedacht. Erinnern wir uns kurz an den “freundlichen Blick” und die “ruppig, herzliche” Stimmung in Bauzen 2016: Im Februar des Jahres wurde das als Geflüchtetenunterkunft vorgesehene “Hotel Husarenhof“ unter rassistischem Jubel Schaulustiger in Brand gesteckt. Etwa 80 gewaltbereite Neonazis schlugen 15 bis 20 jugendliche Geflüchtete wenige Monate später zusammen. Im Dezember des selben Jahres flogen fünf Molotowcocktails auf das Gelände einer Unterkunft.[1] Silbermond singen in einer Zeile gegen die “Ideen von 1933” und an anderer Stelle gegen die “Angst”.
Ein klares Zeichen gegen die Ideen des deutschen Nationalismus und den Rechtsruck setzt die Band damit nicht. Sie ruft balladesk zum Durchhalten und Abwarten auf (“Wir kriegen irgendwas hin”), beschwört die Gemeinschaft (“Meine Wurzeln, mein Revier”) und will niemandem auf die Füße treten. “Mein Osten” bleibt heimelig und diffus und auch für all diejenigen kompatibel, die nach rassistischen Nächten im Mob zu Hause etwas entspannen wollen.[2]

Im Video inszeniert sich die Band im warmen Licht und setzt auf entspannte und positiv wirkende Bilder. Die Band gibt vor, die rassistischen Ausschreitungen in Bautzen zu thematisieren.

Immer wieder wird die Band Silbermond von Pop-Linken wie I Cant Relax In Deutschland kritisiert. So heißt es dazu 2005 im neues deutschland, dass : “Bands wie »Silbermond«” (…) mit Deutschland keine Probleme haben.”[3] In einigen Songs (“Mach´s dir selbst” und “Immer am Limit”) wird eine neoliberale Botschaft gesendet, kritisiert ein Verfasser bei Indymedia: “Die Message ist also: Du allein bist für Dein Schicksal verantwortlich und nicht etwa Dein soziales Umfeld oder das kapitalistische System – und: Wenn Du gut bist dann schaffst Du es auch! (…) Der Gedanke dahinter: In Zeiten von Massenarbeitslosigkeit, HartzIV und wirtschaftlicher Depression wollen wir kein Gejammere oder Kritik, wir brauchen eine Gute-Laune-Stimmung im Land.”[4]

Derzeit kursiert mit “Nazis raus” von Nosliw ein auf Sommerhit gekämmter Song, eigentlich schon 10 Jahre alt [5]. Selbst bei diesen ansonsten klaren Textzeilen meint der Künstler, in der ersten Zeile seine Heimatverbundenheit darstellen zu müssen. Nach dem Motto: Ich bin ja gegen Nazis, aber…

Es sollte nicht um eine andere, sondern um etwas besseres als die Nation gehen.

NO LOVE FOR THE NATION!

Quellen:

[1] Die Ausschreitungen von Bautzen 2016 sind u.a. bei Wikipedia dokumentiert: https://de.wikipedia.org/wiki/Bautzen#Ausschreitungen_2016

[2] Der Liedtext: https://www.azlyrics.com/lyrics/silbermond/meinosten.html

[3] Neues Deutschland: https://www.neues-deutschland.de/artikel/80169.i-cant-relax-in-deutschland.html

[4] Indymedia: http://de.indymedia.org/2007/06/181557.shtml

[5] https://www.youtube.com/watch?v=7E8kwZInH4U&t=40s; der Musiker ist umstritten und hat sich in der Zeit nach dem Song der Querfront-Szene angenähert, u.a. KenFM.

Kritik am Auftritt der Band Antillectual in Köln

Bei der Veranstaltung Seenotrettung ist kein Verbrechen​ tritt die Band Antillectual​ auf. Die niederländische Punkband steht teilweise für eine verkürzte Kapitalismuskritik und verschwörungsideologischen Antiamerikanismus. Nachdem wir die AZ-Konzertgruppe HP49 Konzerte darauf aufmerksam gemacht haben, kontaktierte sie die Band umgehend.

RABA kritisiert, dass die Band und das Label Shield Records den Song „The New Jew“ weiterhin verfügbar hält (u.a. Bandcamp, YouTube) und im Internet verkauft, Das Statement der Band hierzu ist hier nachzulesen: (http://www.antillectual.com/2012/the-new-jew-geert-wilders/).

Im Song „Heads You Win, Tails We Lose“ kommt ein verschwörungsideologischer Antiamerikanismus zum Ausdruck, der das „Weiße Haus“ als von der „Wall Street“ gesteuert bezeichnet und darin den Grund sozialer Verelendung in der Welt sieht. RABA denkt, dass solche Erklärungsmuster falsch sind und Bands mit solchen Aussagen von den europäischen Verhältnissen ablenken können. Kern der Kritik der Kampagne #Seenotrettung ist das Sterben im Mittelmeer. Die Gründe werden vor allem in der EU-Grenzpolitik und als Folge europäischer Wirtschafts- und Rüstungspolitik gesehen.

Aber auch in Bezug auf die USA selbst erscheint der 2018 veröffentliche Song eigentümlich. Das Weiße Haus befindet sich im offenen Konflikt mit zahlreichen us-amerikanischen börsennotierten Firmen (bspw. Harley Davidson), so dass die antiimperialistische Marionetten-Logik ins Leere läuft und was die Interpretation zulässt, dass die Band hier – ohne zu gewollt oder bemerkt zu haben – einem antisemitischen Erklärungsmuster aufläuft. Die Band hat sich in ihrer Antwort an die Konzertgruppe von jeglichem Antisemitismus distanziert und bietet an, mit euch am Abend zu den Lyrics zu diskutieren.

Redebeitrag im Bündnis “NS-Verherrlichung stoppen!” am 7. November 2018

Alljährlich im November marschieren Neonazis in der mittelrheinischen Kleinstadt Remagen auf, um den vermeintlichen Opfer alliierter Verbrechen zu gedenken. Das Spiel ist so alt wie verlogen: Deutsche Täter – namentlich Soldaten der deutschen Streitkräfte – sollen systemisch von den alliierten Siegermächten in Rheinwiesenlagen ermordet worden sein. Ein „Triumph des Willens” über die historischen Wahrheiten. Doch alleine der Glaube zählt. Die in ihrer völkischen, antisemitischen und rassistischen Wahnwelt befangenen Neonazis brauche Rituale wie die alljährlichen Trauerfestspiele in Remagen, bestätigen sich diese doch in diesem Rahmen gegenseitig nicht vollkommen verrückt zu sein, wo das offensichtlich doch so klar auf der Hand liegt. So absurd das jährlich in Remagen aufgeführte Schauspiel auch sein mag und so marginalisiert stramme Neonazis in der BRD auch in Zeiten des von AfD und Chemnitz sein mögen, ihre kruden Thesen finden auch in breiteren Teilen der Bevölkerung begierige AbnehmerInnen. Zumindest solange die VerkünderInnen der geschichtsrevisionistischen Nachrichten nicht mit schwarz-weiß-roter-Fahne und „Die Rechte”-Parteiausweis daher kommen. Denn das auch die Deutschen der Jahre 33-45 Opfer alliierter Massaker waren, ist in allen gesellschaftlichen Milieus mehr oder minder common sense. Die entsprechenden Veröffentlichungen der letzten Jahre und Jahrzehnte waren schließlich Kassenschlager. Auch bedarf es nicht einem Björn Höcke, welcher das Berliner Shoah-Denkmal als „Denkmal der Schade” bezeichnete, um zu ahnen, was nicht wenige Deutsche der Gegenwart empfinden. Die zahlreichen Proteste, die auf die auf die Phantasien eines Björn Höcke wie auch auf die Zusammenrottung der Neonazis Remagen routiniert folgen, kratzen zumeist nur an der Oberfläche. Vielmehr wurden diese Proteste gar zu integralen Bestandteil neudeutscher Befindlichkeiten. Die Geschichte wurde ordentlich durch- und aufgearbeitet, nun können „wir Deutsche” uns wieder unbeschwert am Nationalismus erfreuen und gar andere, welche nicht aus der Geschichte gelernt zu haben scheinen, belehren, wie man es richtig macht.
Als Aufarbeitungsweltmeister inszeniert sich der deutsche Mainstream nicht erst seit gestern. Das Verhältnis zu den deutschen Massakern bleibt aber weiterhin ein rein instrumentelles. Inwiefern der Nationalsozialismus fortwehst, kann und darf nur bis zu einem gewissen Grad thematisiert werden. Würden gar die gesellschaftlichen Wurzeln des Nazifaschismus ins Visier genommen werden, die Folgen für das Deutschland der Gegenwart wären desaströs. Nicht nur die nationale Ideologie würde den wohlverdienten Gang auf den Scheiterhaufen der Geschichte antreten müssen, auch die politischen und materiellen Konsequenzen würden den postnazistischen Staat nach Walhalla befördern. Müsste Deutschland gar die damals gemachten und nach 1945 erlassenen Schulden bezahlen, die geraubten und arisierten Vermögen an die Nachfahren der Opfer zurückzahlen oder tatsächlich angemessene Reparationen leisten, die griechische Staatskrise und deren Folgen würden sich im Vergleich dazu harmlos ausnehmen. Doch dies ist nicht zu erwarten, steht die BRD doch ökonomisch und politisch gegenwärtig bestens da. Es scheint so, als würde kaum noch wer den Deutschen die Blutbäder des zwanzigsten Jahrhunderts übel nehmen. Vielmehr scheint die Welt den Lügen der postnazistischen Nation glauben zu schenken. Doch statt sich an diesen Tatsachen zu erfreuen, können nicht unwesentliche Teile der deutschen Gesellschaft auch heute noch nicht den Opfern und deren Nachfahren verzeihen. Zu sehr provoziert deren bloße Existenz die nationalen Befindlichkeiten. Die Sehnsucht, auch einmal anerkanntes Opfer der Geschichte zu sein, verweist dabei auf reale Erfahrungen und alltäglich erlebte Erniedrigungen. Gewiss leiden die meisten heute in Deutschland lebenden Menschen auf einem global und historisch betrachtete hohen Niveau, doch die Zwänge einer komplexen Gesellschaftsform, mitsamt ihrer kapitalistischer Produktionsweise, bringen immerfort zu kurz gekommene hervor, die unter der Konkurrenz und Austauschbarkeit leiden und doch keinen Ausweg für sich und die Gattung erkennen können und wollen.
Doch sind gerade die Deutschen mitnichten primär Opfer. Auf die ökonomischen und kulturellen Krisen der Gegenwart wie der Vergangenheit wird und wurde auf mannigfaltige Weise reagiert. Den Versuch die europäischen Jüdinnen und Juden zu ermorden und die Welt mit einem Vernichtungskrieg zu überziehen, haben nur die Deutschen und ihre willigen HelferInnen begangen. Einzig der deutsche Versuch der „Befreiung” endete also in der einer bislang einzigartigen Katastrophe. Es ist banal und trotzdem muss sich immer wieder vor Augen geführt werden: Es hätte anders kommen können.
Es mag müssig erscheinen, Jahr für Jahr nach Remagen zu fahren und gegen den Trauerzirkus der Neonazis zu demonstrieren. Der Protest gegen Nazis und andere Hardcore-GeschichtsrevisionistInnen bleibt aber nötig. Der gegen die postnazistische Nation insgesamt erst recht. Eine Kritik des Geschichtsrevisionismus ist Voraussetzung einer Kritik die aufs Ganze zielt, wendet sie sich doch gegen das aller offenkundigste. Doch wie so oft ist es gerade das einfache, das schwer zu machen ist. Denjenigen etwa, welche die Lügen der Nazis für diskutierenswerte Positionen halten, wird man mit Argumenten kaum beikommen können. Dennoch bleibt es wichtig ihrem Wahn öffentlich zu widersprechen. Auch bleibt es wichtig den Opfern der deutschen Massenmorde zu gedenken und den heute von Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und anderen mörderischen Ideologien Bedrängten bei zu stehen. Auch die Solidarität mit dem Staat Israel bleibt weiterhin geboten, wo antifaschistische Massenbewegungen nicht vorhanden sind, welche den AntisemitInnen in aller Welt Einhalt gebieten könnten. Last but not least bedarf es einer gründlichen und sich ständig aktualisierenden Reflexion auf die sozialen und ökonomischen Grundlagen der gegenwärtigen Gesellschaft, da diese die tendenziell mörderische Ideologien immerfort hervorbringt.”
Rheinisches Antifaschistisches Bündnis gegen Antisemitismus,
Redebeitrag im Bündnis “NS-Verherrlichung stoppen!” am 7. November 2018

Aufurf: Der Kölschen Internationalen Mitte entschieden entgegentreten!

Am Sonntag, dem 4. November 2018, wollen Neonazis unter dem neuen Label „Internationale Kölsche Mitte“ am Kölner Neumarkt aufmarschieren.
„Dahinter stecken bekannte Neonazis und bekannte Strategien. Hier führen gewaltbereite Neonazis und knallharte Antisemiten Regie. Dennis Mocha (Gründer der Bürgerwehr Begleitschutz Köln e.V.) arbeitet hier mit dem ehemalige NPD-Kader Wolfgang Carsten Jahn zusammen. Köln muss dagegen aufstehen und Haltung zeigen,“ fordert Kim Wolnosc vom Rheinländischen antifaschistische Bündnis gegen Antisemitismus.

„Antisemitismus darf in einer wehrhaften Demokratie keinen Platz eingeräumt bekommen. Wir brauchen mehr antifaschistisches Engagement und eine breite Unterstützung!

Die „Internationale Kölsche Mitte“ ist ein Pegida-Format. Dass der Name harmlos und vertraut klingt ist Teil ihres Programms. Anführer der Gruppe wie Wolfgang Carsten Jahn streuen in sozialen Netzwerken und Video-Blogs gezielt antisemitische und migrationsfeindliche Inhalte unter angeblich sozialpolitische Forderungen.

Das unverfänglich erscheinende Motto der Kundgebung lautet „Frieden für Europa“ und ist bei bekannteren rechtsradikalen Gruppen abgekupfert. Demnach seien Migrationsbewegungen Teil einer übermächtigen Verschwörung, zentral gesteuert mit dem Ziel, das „Volk“ zu vernichten. Die tatsächlichen Fluchtursachen wie Krieg, Hunger oder Armut werden abgestritten. Die Verantwortung der BRD, beispielsweise als weltweit führender Waffenexporteur und Nutznießer_in von Armut, wird ausgeblendet. Der politische Kampfbegriff dahinter lautet „Migrationspakt“ und stammt von der Identitären Bewegung, in Anlehnung an den Begriff „Umvolkung“ von der NPD und Die Republikaner. Die AfD hat diese Ideologie als „Großer Austausch“ kopiert. Rechte Scharfmacher_innen beziehen sich dazu gerne auf jüdische Personen wie zum Beispiel George Soros, dem amerikanischen Investor und Unterstützer demokratiefördernder NGOs. Er soll Teil des „Weltjudentums“ sein, die den „Krieg“ gegen die Völker finanzieren und planen. Soros war Adressat einer der Briefbomben in den USA und auch der Attentäter auf die Synagoge in Pitsburgh begründete seine Morde mit der angeblichen Verantwortung „der Juden“ für die Einwanderungsbewegung in das Land.

Auch überregional rufen einschlägig bekannte Gruppierungen nach Köln auf: „Mütter gegen Gewalt“ aus Bottrop haben bereits mit dem Unterstützer_innenumfeld der Holocaustleugnerin Haverbeck kooperierte. 1 Die Partei „Das Haus Deutschland“ mit Sitz in Essen wurde von Serge Menga gegründet, der verschwörungsideologische Punkte aus dem Reichsbürger_innen-Programm vertritt.2

Die Maske der sogenannten besorgten Bürger_innen ist weg. Hinter den Hetzer_innen auf den Plätzen unserer Städte verbergen sich Neonazis und Identitäre, die unsere Gesellschaft spalten möchten. Durch antisemitische und rassistische Erklärungen hetzen sie Menschen gegeneinander auf,“ so Wolnosc weiter.

„Die „Kölsche Mitte“ befeuert den tradidierten deutschen Antisemitismus. Politiker wie der Arzt Wolfgang Gedeon (AfD Landtagsabgeordneter Baden-Würtemnerg) fungieren als verlängerter parlamentarischer Arm. In der Kleinst-Partei „Die Rechte“ erfährt dies eine elimatorische und aggressive Zuspitzung.

Wir, das „Rheinische antifaschistische Bündnis gegen Antisemitismus -RABA“ rufen dazu auf, sich an Protesten gegen die Antisemiten zu beteiligen.

 

Köln, 02. Novmeber 2018

 

WARNHINWEIS
„Die Neonazi-Gruppierung ist für gewalttätige Übergriffe aus ihren Demonstrationen heraus bekannt. In der Vergangenheit ließ die Polizei Rechtsradikale immer wieder ausscheren und verlor dabei auch schon mal die Übersicht,“ so Kim Wolnosc vom Rheinländischen antifaschistische Bündnis gegen Antisemitismus.

 

 

Fußnoten:

1 Warum Rechte Mütter und Familien ansprechen wollen: http://www.belltower.news/artikel/mütter-gegen-gewalt-eltern-gegen…
2 Informationen zur Partei Das Deutsche Haus vom Bundeswahlleiter unter www.bundeswahlleiter.de/dam/jcr/ffb6698… oder Der Westen zu Serge Mengas Programm unter www.derwesten.de/staedte/essen/macht-se…

 

Selbstverständnis des Rheinischen Antifaschistischen Bündnisses gegen Antisemitismus

Im Rheinischen Antifaschistischen Bündnis gegen Antisemitismus sind Gruppen und Einzelpersonen vertreten, die antifaschistische, feministische und antirassistische Schwerpunkte haben. Uns eint die Bestrebung, den völkischen, islamistischen oder auch aus der „Mitte“ der Gesellschaft entspringenden Antisemitismus, Antiziganismus, religiösen Fundamentalismus und Rassismus zu bekämpfen. Wir treten für eine emanzipierte Gesellschaft ein.

Die Kritik des Antisemitismus umschließt auch die Solidarität mit Jüd_innen und bedeutet, als “Israelkritik” getarnten Antisemitismus als solchen auch zu benennen.

Wir fordern alle gesellschaftspolitischen Akteur_innen auf, sich mit Antisemitismus auseinanderzusetzen und sich von antisemitisch motivierten Drohungen und Gewalt zu distanzieren.

Gegen jeden Antisemitismus – Solidarität mit Israel!