Johanne Liesegang – Reichsbürgerin und Antisemitin aus Köln

In der Sendung „Lokalzeit Köln“ am 28. Januar 2022 kommt eine Frau zu Wort, die dem WDR-Zuschauer_innen als „Aktivistin gegen die Corona-Maßnahmen“ vorgestellt wird. Die Worte, welche der WDR unkommentiert über den Äther sendet:

„Es gab noch keine Impfung, die so viele bekannte Nebenwirkungen, auch schwerste Nebenwirkungen, die Menschen leiden tierisch, die haben schwerste Thrombosen, den fallen teilweise die Beine ab (…)“[1]
In das WDR-Mikrofon spricht Johanne Liesegang. Das Interview mit ihr findet am Rande  ihrer angemeldeten Demonstration in Köln Nippes statt. Dass sie der WDR ohne adäquate redaktionelle Einordnung einem Millionenpublikum vorstellt, zeugt davon, wie schlecht informiert die Kölner Lokalredaktion und die Öffentlichkeit ist. Deshalb wollen wir unsere Erkenntnisse über Johanne Liesegang zusammenfassen und damit auch unsere seit 2020 andauernde Begleitung und Berichterstattung bündeln.
Minidemo mit riesen Wirkung – Reichsbürgerin Liesegang geht beim WDR in der Lokalzeit am 28. Januar 2021 abermals unwidersprochen auf Sendung.

Johanne „Tara“ Liesegang wurde 1966 geboren und bietet in ihrer “Privat-Praxis in Köln-Ensen” “Begleitungs-Angebote” an.[2] Sich selbst bezeichnet sie „seit 2001 [als] Beraterin, Coach, Seherin und Heil-Künstlerin“, Fähigkeiten die sie laut ihrer öffentlichen Vita aus „Auralesen und -Malen“ entwickelt haben will. Im Impressum ihrer Website „Initia-Coaching Gesundheits- und Lebensberatung“ gibt sie sich als „Dipl. Heilpädagogin, Coach, Trainerin, Netzwerkerin“ aus.[3] Sie betreibt laut eigener Website zahlreiche Profile und Gruppen bei Facebook, darunter Gruppen für Öko-Dörfer und Aufbruch Köln.[4] 

NWO – DIE NEUE WELTORDNUNG ALS CORONA-MAßNAHMEN-KRITIK?
Während im Zuge des pandemischen Covid-19-Infektionsgeschehens hunderttausende Menschen in der Domstadt aus Solidarität vor vulnerablen Bevölkerungsgruppen und zum Selbstschutz Einschränkungen des öffentlichen Lebens hinnehmen wollen und können, nutzt eine anfänglich als “Corona-Kritiker” bezeichnete Menschenmenge die plötzlich entstandenen Leerstellen des öffentlichen Raumes für ihre Zwecke und erhält schnell mediale Aufmerksamkeit. Johanne Liesegang erscheint ab 2020 als eine der ersten und schillernsten sowie lautstarken Personen des sich formierenden Protests gegen die Corona-Schutzmaßnahmen in Köln.[5]
Johanne Liesegang hat eine jahrzehntelange Protesterfahrung und trat bereits am 1. Mai 2020 als öffentliche Rednerin zum Corona-Thema in Erscheinung. Hier mobilisierte sie zu der “Hygiene Meditation” auf dem Roncalliplatz in Köln und erhielt in diesem Zusammenhang nach eigener Darstellung eine Strafanzeige wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. An der Versammlung nehmen auch mehrere stadtbekannte Neonazis teil, darunter Aktivist_innen aus dem Umfeld “Köln für deutschen Sozialismus” und “Belgeitschutz Köln”.
Während die Virologie noch Ursachenforschung zum Covid-19-Virus betreibt, wollen den Transparenten und Plakaten nach viele Teilnehmende schon im Mai 2020 die “wahren Schuldigen“ ausgemacht haben. In bewährter antisemitischer Rhetorik werden mit Reichtum, Macht und Einfluß verknüpfte Personen hervorgehoben. Besonders die amerikanischen Milliardäre Bill Gates und George Soros werden immer wieder genannt. Mal heißt es, sie hätten angeblich das Covid-19-Virus in Umlauf gebracht, um sich an der Entwicklung von möglichen Impfstoffen zu bereichern. Dann heißt es aber genauso überzeugt, dass das Virus bloß eine Erfindung sei um Menschen unter die Kontrolle zu bringen und in Wirklichkeit gar nicht existiere. Im Umfeld von Liesegang und in ihren eigenen Erzählungene brechen sich immer wieder derartige Vorstellungen Bahn: Sind es nun “Impfmücken”, um die Unterdrückten zu injizieren und im Verborgenen stattfindende „Zwangsimpfungen“.[6]
Bereits 2014 fälllt sie bei einer Ansammlung in Köln auf und trägt die angebliche “Chemtrails”-Verschwörung in die Öffentlichkeit. Hier sollen es “heimlich” im Himmel gesprühte Chemikalien sein, um Menschen zu kontrollieren und ihre Lebensgrundlage zu zerstören.[7] Gemeinsam mit dem Kölner Musiker Markus Stockhausen engagiert sich Liesegang auch gegen eine angeblich im Gang befindliche 5G-Verschwörung. In einer ihrer Nachrichten heißt es am 2. Juni 2020:
„Was aber DIE brauchen, die uns das andrehen wollen (…) (uns) von den Massen unbemerkt wie in einer globalen Mikrowelle braten.“
Liesegang fotografiert Sendemasten von Telekommunikationsunternehmen und Anlagen der Kölner Verkehrs-Betriebe AG und publiziert diese in Telegram-Gruppen als angebliche Belege für ihre Überzeugung.
Auch veröffentlicht sie Bilder von in Bonbon-Papier verpackten Babygesichtern und behauptet via Facebook am 23. Mai 2020:
“Es ist absolut schockierend, wo überall Gewebe / Zellen von abgetriebenen Babies verwendet werden, sie machen uns mitschuldig / ziehen uns mit hinein in ihren ekelhaften Verbrechen mit der Fud- und Drug-Industry.”
Johanne Liesegang verbreitet Desinformationen über angeblich verwertete Zellmaterial von abgetriebenen "Babies"
Derartige Aussagen zeichnen den Weg von Johanne Liesegang, so auch am 28. Januar 2022 zur besten Sendezeit im Westdeutschen Rundfunk, und wirken derart überhöht und fern vom Erwartbaren, dass Gegner_innen solcher Verschwörungserzählungen Liesegang vorschnell pathologisieren.
“Pathologisierung einer politischen Bewegung führt erfahrungsgemäß zu einer Relativierung ihrer Ideologien, Radikalität und Etablierung,” warnt Andreas Speit in seinem Buch “Reichsbürger: Die unterschätzte Gefahr” über den Umgang mit Reichsbürger_innen in Deutschland. [8]
Die in der Regel kaum nachvollziehbaren Verschwörungserzählungen, welche Johanne Liesegang zu verschiedensten ihre begegnenden Themen weiterverbreitet und vertritt, münden im Akronym „NWO“, dass auch einer ihrer Anhänger – Aktivist T. – auf seinem Basecap trägt. Dies steht für „New World Order“ und bezichtigt szenetypisch „Mächtige“, die Menschheit kontrollieren zu wollen und um angeblich im Geheimen eine neue Weltordnung durchzusetzen. Als selbsternannte Seherin sieht Liesegang und ihr Umfeld aber offensichtlich auch keinen Widerspruch darin, wie schlecht getarnt diese Geheimnisse und Machenschaften des “Tiefenstaates”[9] sind. In einer von Johanne Liesegang im Mai 2020 weiterverbreiteten Bildnachricht heißt es den Nationalsozialismus relativierend: „Infektionsschutzgesetz 2 = Ermächtigungsgesetz“
In diesem weiterverbreiteten Post wird das Ermächtigungsgesetz der Nazis mit dem Infektionsschutzgesetz der Bundesregierung gleichgesetzt.
 Posts wie diese fügen sich ein in eine Reihe antisemitischer Narrative in Köln auf Veranstaltungen, die Johanne Liesegang organisierte oder an denen sie teilnahm, auf denen sie zum Teil redete oder von ihnen per Videobotschaft berichtete. Auch andere Teilnehmende in den den von ihr betriebenen Telegram-Gruppen verbreiten zahllose antisemitische und geschichtsrelativierende Inhalte, Desinformation und mobilisieren gegen die demokratische Grundordnung. So lädt sie in einem Werbetexte, um Mitglieder für einen ihrer Telegramm-Kanäle zu gewinnen:
“Hier möchte ich diese Themen, auch Q eher aussparen.. Die und auch die Flüchtlings-Problematik könnt ihr dort gut aufgehoben finden! Ihr findet sie in der Suchfunktion unter Widerstand Köln/Bonn.”
Q und “Flüchtlings-Problematik” sind bei Liesegangs “Widerstand Köln” gut aufgehoben.
HOLOCAUSTLEUGNUNG UND NS-RELATIVIERUNG ALS CORONA-KRITIK?
Von den Anwesenden der vielen “Corona”-Versammlungen in Köln unwidersprochen, wird die aktuelle politische Situation mit dem industriellen Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden gleichgesetzt. Aktivist_innen, die in NS-relativierenden Kostümen oder Abzeichen (u. a. der sog.  Judenstern mit Aufschrift “Geimpft”) werden ebensowenig von den Demnstrationen ausgeschlossen.
“Die Relativierung des Holocaust durch die Selbstinszenierung als Opfer bzw den relativierenden historischen Vergleich ist ein klassisches Stilmittel des Antisemitismus. Die Singularität des industriellen Massenmords an den europäischen Juden wird damit aufgehoben, der Holocaust schrumpft zu einem Ereignis unter vielen. Zudem wird mit diesen Vergleichen das Andenken an die Millionen Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik  verhöhnt.
Die Gruppe um Johanne Liesegang ist auch in dieser Hinsicht ein besonders hervorstechendes Beispiel,“ heißt es in unserem Redebeitrag auf der Kundgebung “Keine Klagemauer – Gegen jeden Antisemitismus” vom 25. Mai 2020. [10]
Ebensowenig werden zum Teil offen auftretende Neonazi- und rechtsextreme Hooligangruppen ausgegrenzt. Vielmehr noch stellen Kölner Nazistrukturen immer wieder “Schutzstrukturen” auf Veranstaltungen von bspw. “Köln ist aktiv”. Anstelle von Distanzierungen wirken die Organisator_innen mindestens auf eine akzeptierte und kooperative Zusammenarbeit hin. Der ideale Nährboden für eine ins Autoritäre und nach Rechts abdrifftende Bewegung für sich weiter manifestierenden Antisemitismus.
Johanne Liesegang hat den Telegram-Kanal “Widerstand Köln” gegründet.

Johanne Liesegang gründete mit „Widerstand Köln Orgagruppe“ eine zentrale Plattform, über welche rechtsradikale und antisemitische Themen propagiert werden. So mobilisiert Johanne Liesegang bereits Anfang Mai 2020 zu „Hygiene Meditationen“, die aus dem Umfeld von Bianca Paffenholz (später Organisatorin und Mitgründerin von „Köln ist aktiv“) und Dea Heibel (Querdenken Köln) initiiert wurden. Planungstreffen für die fortdauernden Proteste fanden immer wieder auch im Umfeld von Johanne Liesegang bei Ottmar Lattorf als Bekannten Aktivisten aus der Kölner Friedensbewegung, der sich auch Marc “Marco Bennotti” Benndorf (u. a. Friedlicher Protestkonvoi) entspringt. 

Der Protest auf der Straße wird in den Reden während der Veranstaltungen aber auch in den breit beworbenen und öffentlich zugänglichen Telegramgruppen angeheizt. Immer wieder wird aktiv die Relativierung von Neonazis und Identitären vorgenommen. An Martin Sellner (Identitäre Bewegung) richtete Johanne Liesegang beispielsweise eine Solidaritätsadresse und forderte für ihn „Sendefreiheit“, nachdem dem Rechtsextremen diverse Social Media Kanäle gesperrt worden sind. In ihrer Nachricht stellt Liesegang den österreichischen Rechtsextremen, der bspw. 2017 mit einer Schreckschusspistole in einer U-Bahn-Station mehrere Schüsse abgab, als friedfertig und gewaltlos dar.
Solidarität mit Martin Sellner von Johanne Liesegang.
Neben solcher Propaganda können sich „Widerstand“-Kämpfer_innen in den Kanälen von Liesegang, Paffenholz und Benndorf (der sich aus dem Protest öffentlichen Aussagen nach mitlerweile zurückgezogen hat) zu Aktionen verabreden oder diese bewerben.
REGIONALLEITUNG DER KÖLNER REICHSBÜRGER-GRUPPE “AUFBRUCH GOLD ROT SCHWARZ”
Anfänglich angetreten, um Empörung öffentlich zu demonstrieren und um das eigene, unsolidarische und respektlose Verhalten vorzuführen, streuten politische Aktivist_innen rechter und linker Strukturen antisemitische Ideologien und ermunterten zu Widerstandshandlungen. So spricht Liesegang beispielsweise vom “hybriden Krieg”, der gegen die Menschen geführt werde. Das Motto ihrer Kundgebung fordert: „Köln steht auf: Wir wollen unsere Rechte zurück.“ 
Im selben Sommer tritt sie mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ausgestattet öffentlich auf. In der Öffenlichkeit und in ihren YouTube-Statements nimmt sie Bezug auf Artikel 20 des Grundgesetzes. In Absatz 4 heißt es: „das Recht eines jeden Deutschen, gegen jeden Widerstand zu leisten, der es unternimmt, die dort in Abs. 1 bis 3 niedergelegte Verfassungsordnung zu beseitigen, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist“. Das “Deutschland Manifest” von “Aufbruch Gold Rot Schwarz” leitet aus dem Grundgesetz “Das Recht auf Widerstand” ab und hat dieses auf seiner “Deutschlandkonferenz Gold-Rot-Schwarz Aufbruch 2012” verabschiedet. Erkennungszeichen und Szene-Code von „Aufbruch Gold Rot Schwarz“ ist eine umgedrehte Deutschlandfahne mit der esoterischen „Blume des Lebens“.
Das Logo der Reichsbürger-Organisation “Aufbruch Gold Rot Schwarz”: Umgedrehte Deutschlandfahne und die “Blume des Lebens”
Im Rundbrief von Aufbruch Gold Rot Schwarz wird Johanne Liesegang 2013 erstmals als Leiterin für die Region Köln vorgestellt.
Auf der Initia Coaching-Website zeigt sich Liesegang verantwortlich für die Aufbruch-Gruppe (abgerufen am 30.01.2022)
Johanne Liesegang wird im „Rundbrief gold-rot-schwarz“ vom 8.4.2013 erstmals als Leiterin der Reichsbürger_innen-Organisation „Aufbruch Gold Rot Schwarz“ für die Region Köln aufgeführt.[11] „Aufbruch Gold Rot Schwarz“ wurde 2012 von Michael Vogt und Jo Conrad gegründet. [12] Der Untertitel des Manifests lautet “Der Weg in die Freiheit aus dem Zustand tiefster Erniedrigung: Manifest zur tatsächlichen Neuordnung Deutschlands” und wird wie folgt beschrieben:
Dieses Recht als moralische Pflicht greift dann, wenn z. B. staatliche Organe die Souveränität und Unabhängigkeit des Landes an Brüssel abtreten und damit fremder Gewalt unterwerfen (wollen), wenn Rede-, Meinungs-, Wissenschafts- und Pressefreiheit und andere Freiheitsrechte untergraben werden und wenn z. B. andere grundgesetzlich geregelte Bestimmungen wie z. B., daß die Armee nur zur Landesverteidigung eingesetzt werden darf, verletzt oder ständig ignoriert werden. Für uns gilt ein unbedingter und naturrechtlicher Freiheitsbegriff (…)”[10/2]

Wer “Die wahren Verfassungsfeinde” seien, beantwortet das Manifest wie folgt:

“Das zum Parteienstaat (von Arnim) verkommene politische System der BRD hat sich längst vom Willen der Menschen abgekoppelt – ja es regiert in allen wesentlichen Bereichen willentlich und wissentlich konträr zum Mehrheitswillen, nicht selten sogar umgekehrt proportional.” [10/3]

Diese aus der esoterischen Richtung kommende Gruppierung lehnt die verfassungsrechtliche Legitimität Deutschlands ab und hat das Ziel, die verschiedenen Strömungen der Reichsbürger_innen zu vereinen [13] und spricht im Manifest zahlreiche Themen an, die dem angeblichen “Mehrheitswillen” entsprächen. Eine Auswahl [10/4]
  • Osterweiterung der EU
  • „Euro-Rettungsschirme“,
  • Globalisierung/Abschaffen der Nationalstaaten/Weg in die New World
    Order (Weltregierung)
  • „Migration“/Überfremdung/Einwanderungsland
  • Impfzwang
  • Instrumentalisierung der deutschen Zeitgeschichte

Zur Einordnung der Reichsbürgerszene schreibt der Bayrische Verfassungsschutz [14]:

“Die Anhänger der Reichsbürgerszene eint zwar die grundsätzliche Ablehnung des bundesdeutschen Staatswesens, ideologisch und organisatorisch ist die Bewegung jedoch heterogen. Die Szene setzt sich aus verschiedenen Personengruppen zusammen, darunter Geschäftemacher, Verschwörungstheoretiker, Rechtsextremisten, Querulanten und Esoteriker, die untereinander konkurrieren und persönliche oder ideologische Konflikte austragen.”
Ein auf 2013 datiertes Outing beschreibt Johanne Liesegang: „Johanne Liesegang ist Leiterin der Kölner Gruppe „Aufbruch Gold-Rot-Schwarz“, welche unter dem Deckmantel einer sozialen Bewegung (teilweise in der Esoterik-Szene) rassistische und antisemitische Ideen verbreitet. [15]
Umgedrehte Deutschlandfahne bei einer Demonstration von Impfpflichtgegnern am 17. Januar 2022 in Köln.

 Eine Auflösungserklärung der Gruppierung ist bis heute nicht bekannt und auf ihrer Coaching-Website gibt Liesegang noch 2022 die Existenz von „Aufbruch Köln“ an.[16] Zuletzt wurden auf den Demonstrationen gegen die Impfpflicht in Köln am 17. Januar 2022 mindestens zwei umgedrehte Deutschlandfahnen entdeckt.

GRÜNDERIN ORGAGRUPPE VON WIDERSTAND KÖLN
Zwischen April 2021 und Januar 2022 ist eine kontinuierliche Zunahme von Gewalt, Gewaltbereitschaft und Gewaltverharmlosung offenkundig. Am 27. Dezember 2021 zieht Liesegang angeblich für „Frieden“ und „Freiheit“ unangemeldet durch Köln, als ein Schlägertrupp auf ihrer zum “Spaziergang” deklarierten Spontandemonstration einen ihrer Mitdemonstranten bedroht. In einem weiteren bei YouTube eingestelten Video wird dieser dann tatsächlich angegriffen. Wie er im Video behauptet, wurde ihm nach der Demo aufgelauert. Voraus ging dem Vorfall eine öffentliche Markierung des mutmaßlichen Opfers der Demoleiterin Johanne Liesegang. Dem Betroffenen zugewandt verkündete sie ihren Anhänger_innen per Megaphon, er habe sie öffentlich beleidigt.[17]
KÖLNER KLAGEMAUER
Bereits im Mai 2020 kündigte Liesegang eine Neuinstallation der Kölner “Klagemauer” an und meldete zu diesem Zweck mehrere Kundgebungen an. Unter den zunehmend weniger Teilnehmenden waren u. a. der Dürener Rechtsextremist Berhold „Bördy“ Berghoff (“Mann kündigt „RiesenWumms in Köln“ an”[18]), der Aktivist T. und die aus dem Ehepaar Andreas Neumann und  Anneliese Fikentscher bestehende Gruppe “Arbeiterfotografie” (Herausgegebende der Onlinezeitung Neue Rheinische Zeitung (NRhZ) aus Köln-Nippes.[19] Mit dem „Friedenstaxifahrer“, Holocaustleugner und Teilnehmer mehrerer Neonazi-Aufmärsche Reza Begi [20] als Veranstalter gelang der Neustart der Kölner Klagemauer zuvor bereits nicht.
Die von Liesegang präsentierte „Klagemauer“ nutzte mit dem verschwörungsideologischen Kampfbegriff “Corona Diktatur” ein weiteres zentrales Narrativ auf, das die sich 2020 formierende Querfront  nutzte um gegen die Gesundheitsschutzmassnahmen der Bundesregierung aufgrund der COVID-19-Pandemie zu trommeln und Infektionsschutzmaßnahmen zu delegitimieren. Neben altbekannte linken und rechtsextremen Aktivisten drängte mit „Querdenken Köln“ und den später sich hiervon abspaltendem „Köln ist aktiv“ ein anfangs esoterisch bis wutbürgerlich motivierter Teilnehmendenkreis in die Öffentlichkeit Kölns und Liesegang zunehmend Beiseite.
DIE WUNDERWERKSTATT UND INITIA-COACHING
Johanne Liesegang präsentiert sich mit Hut auf der Facebook-Seite “Wunderwirkstatt”

Mit „Wunderwirkstatt“ betreibt Johanne Liesegang u.a. einen YouTube-Kanal.[21] Hierüber verbreitet die Selbsternannte „Heil-Künstlerin“ gesundheitsgefährdende Desinformationen. So wird „Chlordioxid“  (ein als „Sehr Giftig“ eingestufter Gefahrenstoff) in einem  professionell anmutenden Video als Wunderheilmittel „gegen Malaria, Aids, Diabetes, Grippe, Krebs, Borelliose und vielen weiteren Krankheiten“ vorgestellt. „Chlordioxid ist aus gesundheitlichen Gründen (z. B. wegen schwerer Nierenschäden bei Tierversuchen) in der EU kein zugelassener Lebensmittelzusatzstoff, hat keine E-Nummer und ist entsprechend in der europäischen Liste der Lebensmittelzusatzstoffe nicht aufgeführt,“ heißt es bei Wikipedia. Und weiter: „Es ist kein zugelassenes Arzneimittel, mehrere Behörden warnen vor der Einnahme, sie ist gesundheitsschädlich. So wurde nach einer CDL-Einnahme u. a. von Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Nierenversagen, Darmschädigungen und Blutdruckabfall berichtet. Vor einer Chlordioxid-Behandlungen bei Kindern oder Säuglingen wird ausdrücklich gewarnt, so rät die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin „nachdrücklich und klar von einer Einnahme ab“; zudem kann sie (sorge)rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Gesundheitsgefährdende Informationen gibt es im YouTube-Kanal “Wunderwirkstatt” zum Gefahrenstoff “Chlordioxid”. Weitere Screenshots haben wir unter https://twitter.com/RABA_CGN/status/1487490912666230786 veröffentlicht.
Auch eine angebliche Wirkung gegen SARS-CoV-2 bei Einnahme von Chlordioxid ist eine Falschinformation. Im Gegenteil, solche Lösungen sind gesundheitsschädlich und ätzend und können zu massiven Schädigungen führen. In mehreren Ländern wie Bolivien, den USA, Österreich oder Argentinien führte die Einnahme, auch zur vermeintlichen Prophylaxe gegen COVID-19, zu Vergiftungen und Todesfällen.“ [22] Am 5. Februar wurde die Einnahme von Chlordioxid innerhalb des Umfeldes von Johanne Liesegang nachgewiesen.[22/2]
BRAUNE ESOTERIK NETZWERK UM OTTMAR LATTORF
Nach eigenen Aussagen nimmt Johanne Liesegang bereits seit den 1990er Jahren an Ottmar Lattorfs “Vollmondfeuer-Festen” teil. Lattorf, oft als harmloser Öko-Esoteriker wahrgenommen, wird nach unserer Recherchen als rechter Esoteriker, Sektierer und Pseudo-Feministen geoutet. [23] Liesegang und Lattorf verbindet auch eine langjährige politische Zusammenarbeit. Im Rahmen von “Wir für den Frieden” waren Liesegang und Lattorf an der Austragung der Kölner “Mahnwachen für den Frieden” um 2014/15 und den seit 2004 bestehenden „Montagsmahnwachen“ beteiligt.[24] Auf den „Friedensmahnwachen“ wurde die Reichsbürger_innen-These vertreten, wonach Deutschland kein souveräner Staat sei.[25] Die Nachfolgeinitiative der Mahnwachen formierte sich unter der Leitung Johanne Liesegangs unter dem Namen „Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas“ („EnDgAmE“), in Dresden brachte die sog. Friedensquerfront die „Patriotischen Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes“ („Pegada“) hervor – beides ideologische und organisatorische Vorläufer von PEGIDA.[26] Unter der Überschrift „Friedensbewegung 3.0“ hat Liesegang eine rechtsextreme YouTube-Playlist veröffentlicht, darin sind u. a. rassistische, antisemitische und völkisch-nationalistische Videos zusammengestellt, darunter ein Interview des rechten Blattes „Junge Freiheit“ mit Vera Lengsfeld (ehem. Bundestagsabgeordnete, Mitglied der Werte Union der CDU), völkisch-nationalistische Videos zur „deutschen Leitkultur“ und das antisemitische Video „13 satanische Blutslinien“ zur Errichtung der angeblichen neuen NWO.[27]
ANTISEMITISCHE VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIN
Johanne Liesegang organisiert und unterstützt antisemitische Aktionen und Kampagnen, arbeitet mit Neonazis zusammen oder unterstützt diese,  verbreitet neben abstrusesten Verschwörungsphantasien auch verfassungsfeindliche Propaganda und gesundheitsgefährdende Desinformationen. Im Januar 2022 wurde ihr videobelegt Vorgeworfen, einen „Schlägertrupp“ gegen Mitdemonstranten einzusetzen.
5G-Telekommunikation, Chemtrails, 9/11, die NATO-Osterweiterung und Russlands Krieg gegen die Ukraine oder die COVID-19-Pandemie nutzt Johanne Liesegang konsequent dazu, ihre ethnopluralistische Sichtweise auf die Welt gemischt mit Antisemitismus, völkischem Nationalismus, Medien-Skepsis, Verschwörungsglauben und Verfolgungsangst und Esotherik immer wieder von Neuem aufgelegt zu präsentieren. Vor diesem Hintergrund erscheint die Zusammenarbeit mit Faschist_innen und Neonazis logisch. Dass Liesegang und ihr Umfeld in Köln nach wie vor als „Linke“ wahrgenommen werden, ist auf dieser Grundlage nicht zu rechtfertigen. Ihr teils aufgedreht wirkendes hippieesques Auftreten sollte nicht davon ablenken.
Die in ihrem Umfeld zunehmende Gewaltbereitschaft sowie teils gesundheitsgefährdende Veröffentlichungen zeugen davon, dass Johanne Liesegang es verdient, Ernst genommen zu werden. Für einen unangemessenen Umgang mit Johanne Liesegang und ihrem Umfeld aus rechtsextremen Mischszenen stehen auch die kritisch gemeinte und doch leichtfertig gebrauchte Begriffe wie “Corona-Kritiker”, “Schwurbler” oder “Aluhüte” in Medien und antifaschistischen Gegenprotest. Die schlechteste Form des Umgangs ist es jedoch, Reichsbürger_innen wie Johanne Liesegang unwidersprochen zu Wort kommen zu lassen, wie am 28. Januar 2022 in der Lokalzeit Köln des Westdeutschen Rundfunks.
NACHTRAG
Aufgrund von Liesegangs Engagement in der Öko-Dorf-Bewegung sollte kritisch geprüft werden, ob sich unter dem Deckmantel von “Gemeinwohlökonomie” und “Hippietum” möglicherweise eine esoterisch-völkische Variante deutscher Siedlungsbewegungen entwickelt, wie sie bisher eher von der autoritären Anastasia-Bewegung bekannt und aufgedeckt worden ist. Belegt ist, dass Reichsbürgerin Liesegang an Diskussionen für den Kauf eines “Indianer-Hofes” in Harzgerode beteiligt ist [28] und über Aufbruch Gold Rot Schwarz zu mindestens zwei Anastasia-Mitgliedern Verbindungen bestehen.[29]
QUELLEN UND VERWEISE
1] “Demonstration gegen Corona-Maßnahmen: Nur wenige Teilnehmer:innen” von Frank Piotrowski, Lokalzeit aus Köln,  Timecode 1:27 ff., WDR am 28.01.2022 (abrufbar unter https://www1.wdr.de/fernsehen/lokalzeit/koeln/videos/video-lokalzeit-aus-koeln—1646.html)
2] Informationen unter der Website von “Initia Coaching”, abgerufen am 30.01.2022, der Name „Johanne (Tara) Liesegang“ wird in ihren Profilen bei XING, Linked in usw. angegeben.
3] Website Initia Coaching, abrufbar unter https://initia-coaching.jimdofree.com/kontakt-und-konditionen/
4] Nach Angaben ihrer Coaching-Seite I. a. www.facebook.com/Johanne.tara.liesegang;
https://www.facebook.com/Awakening.Healing.Spirit; https://www.xing.com/profile/JohanneTara_Liesegang; sowie die Facebook-Gruppen „Gemeinschaften und Ökodörfer im deutschen Sprachraum“, „Aufbruch Köln – Interessierte für Gemeinschaft im Rheinland“, „Erwachen – Awakening“, „Geistheilung Energiewandlung – die heilige Matrix“, „Seelen-Kontakt, spirituelle Begegnung, Coaching und Heilung“
5] “Verschwörungserzählungen on- und offline. Eine Kölner Momentaufnahme”, Mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus NRW vom 13. Mai 2020 unter https://www.mobile-beratung-nrw.de/details/verschwoerungserzaehlungen-on-und-offline-eine-koelner-momentaufnahme (abgerufen am 30.01.2022)
6] RABA-Facebook-Post vom 20. Mai 2020, abrufbar unter https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=664486274333968&id=257268208389112 
7] Franck, Annika: “Kondensstreifen oder Chemtrails – werden wir manipuliert?”, Quarks & Co., WDR https://www.quarks.de/umwelt/klimawandel/kondensstreifen-oder-chemtrails-werden-wir-manipuliert/
8] Speit, Andreas in: “Reichsbürger: die unterschätzte Gefahr” Ch. Links Verlag, 2017]
9] Aussage u. a. in ihrem Videostatement “Ein Fahnenmeer für Freiheit, Wahrheit und Souveränität – Tausende wandelten vor den Botschaften” (TC 0:17 min, YouTube Video-ID “v=b2klXay40Pw”)
Öffentlichen Protesten und Anzeigen zum Trotz sahen sich weder die Stadt Köln noch Staatsanwaltschaft in der Lage, hier einzugreifen
10/2] “Deutschland Manifest”, veröffentlicht und verabschiedet auf der Deutschlandkonferenz Gold-Rot-Schwarz Aufbruch 2012 von “Aufbruch Gold Rot Schwarz”, S. 4 f.; kritische Einordnung (s. https://www.psiram.com/de/index.php/Aufbruch_Gold-Rot-Schwarz) und der Volltext des Manifests (abrufbar unter https://www.psiram.com/de/index.php/Aufbruch_Gold-Rot-Schwarz#cite_note-15) bei Psiram.
10/3] ebenda, S. 13 f.
10/4] ebd.
12] https://twitter.com/RABA_CGN/status/1487052556601860097; Jo Conrad betreibt den rechtsextrem-esoterischen Kanal Bewusst.tv und ist u. a. Teil des rechtsextremen Musikprojektes Die Konferenz (Xavier Naidoo, KategorieC, Gordon Pankalla). Conrad wird Antisemitismus und eine Nähe zum Rechtsextremismus von mehreren Sicherheitsbehörden attestiert, die sich in Passagen seiner Bücher äußere. In einer Broschüre der Hamburger Behörde für Inneres wird ihm attestiert, „diffuse Verschwörungstheorien“ und „ungefilterten Antisemitismus“ zu verbreiten. 
14] “Reichsbürger – Erscheinungsformen”, Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV), veröffentlicht unter https://www.verfassungsschutz.bayern.de/weitere_aufgaben/reichsbuerger/erscheinungsformen/index.html (abgerufen am 30.01.2022)
15] https://linksunten.archive.indymedia.org/node/101075/index.html; 2014  nahm sie am Kundgebungen gegen „Chemtrails“ teil.
17] YouTube-Video “Gewaltakt gegen den Agenten – Faustschlag gegen die Presse inkl. Abschlusskonzert | Spaziergang Köln” via “One Man Mafia”, veröffentlich unter https://youtu.be/mjWCt_eaJOA (abgerufen am 30.01.2021), darin Kritik an Johanne Liesegang (TC 27:25 min.) und erneuter tätlicher Übergriff im Livestream (TC 28:15 min.) sowie Einordnung der Täter (TC 29:40 min.).
18] “Festnahme am Rudolfplatz Corona-Leugner-Demo: Mann kündigt „Riesen-Wumms in Köln“ an”, 1.11.2020 (abgerufen am 30.01.2022 unter https://www.express.de/koeln/corona-in-koeln-festnahme-bei-demo-auf-dem-rudolfplatz-49427)
19] Die NRhZ gilt als antisemitisches Querfrontmedium. Der von ihr vergebene und mit 200 Euro dotierte Karlspreis ging an Personen der antiisraelischen bzw antisemitischen Szene wie Ken Jebsen und Hecht-Galinski. Nähere Infos dazu vom Bündnis gegen Antisemitismus unter https://bga-koeln.tumblr.com/post/98533630182/keinen-raum-für-antisemitismus. Zur Verleihung des Preises an Ken Jebsen s. “Party des Wahnsinns”, Die Salonkolumnisten unter https://www.salonkolumnisten.com/party-des-wahnsinns/.
20] Fotos von Teilnahmen Reza Begi auf rechtsextremen und neonazistischen Kundgebungen und Demonstrationen, vgl. https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/sets/72157676730762644; Textsammlumg von Blick nach Rechts: https://www.bnr.de/category/stichworte/reza-begi
21] Profile von Liesegangs “Wunderwirkstatt” u. a.  You Tube: https://youtube.com/channel/UCCUNLokDnldHKymIKrdPB8w, Insta: @wunderwirkstatt; Facebook: https://m.facebook.com/MariesWunderhuete/
22] Wikipedia-Eintrag mit Quellen, abrufbar unter https://de.m.wikipedia.org/wiki/Chlordioxid (abgerufen am 30.01.2022)
[22/2] Hinweise auf eine persönliche Einflussnahme von Johanne Liesegang gibt es keine. Die Veröffentlichung zu der Einnahme hier: https://twitter.com/RABA_CGN/status/1490373387721613314
24] Reden hielt Liesegang u.a. am 24.11.2014    https://youtu.be/FawGefs4bfg , zahlreiche Reden filmte und veröffentlichte sie bei YouTube.
25] u. a. Rede Ottmar Lattorf für “Wir für den Frieden” auf der Mahnwache in Köln am 27.07.2015, dokumentiert auf YouTube (watch ID “v=mgLCOMAxvtk”)
26] Vgl. “Mehr Abkürzungen für wirre Demokratiefeinde EnDgAmE und Pegada” von Milla Frühling, Belltower, 21.01.2015 (https://www.belltower.news/mehr-abkuerzungen-fuer-wirre-demokratiefeinde-endgame-und-pegada-38818/, abgerufen am 31.05.2020)
27] “Friedensbewegung 3.0”, YouTube-Playlist von Johanne Liesegang (list=PLnoLiZrkt51qGpqpqVCvswC21ImOvsKo8) zuletzt abgerufen am 30.01.2022.
28] “Vision eines Gemeinschafts-Übungs-Ortes im Harz von Walter mit organischer Architektur von Reinhard” via YouTube (YT ID: v=mw_VCqqBh6c), Diskussion mit Reinhard Coppenrath und Walter Jakowski, moderiert von Johanne Liesegang.
29] Zu nennen sind hier 3 Personen: Konstantin Kirsch, in erster Linie Seminaranbieter und Netzwerker für die Anastasia-Bewegung ist lt. Rundbrief 2013 der Regionalleiter für Triesch von Aufbruch Gold Rot Schwarz (Zur Person s. https://www.lotta-magazin.de/ausgabe/78/kologie-rassenlehre-und-antisemitismus). Das Anastasia-Mitglied Maik Schulz betreibt die völkische Siedlung Weda Elysia in Wienerode (Harz) (zur Person: https://www.petrakellystiftung.de/sites/default/files/2020-10/Naturliebe%20und%20Menschenhass.pdf; zur Siedlung: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/5-fragen-an-buendnis-bunter-harz-gegen-voelkische-siedlerinnen-68137/) und wird im Rundbrief von Aufbruch Gold Rot Schwarz als Regionalleiter Maik Palitzsch-Schulz für Sachsen-Anhalt vorgestellt. Birgit Schremser war Veranstalterin der Anastasia-­‐Festspiele 2016 (Info Sekta – Fachstelle für Sektenfragen, Zürich, https://www.infosekta.ch/media/pdf/Anastasia-Bewegung_10112016_.pdf; abgerufen am 31.01.2022) und wird im Rundbrief von Aufbruch Gold Rot Schwarz als Mitglied genannt und zitiert.
Wir haben am 30. und am 31. Januar 2021 einige Fußnoten aktualisiert. Zudem wurde noch die Einordnung zu Aufbruch Gold Rot Schwarz sowie Verbindungen zur Anastasia-Bewegung erweitert. Am 5. Februar wurde der Namenszusatz „Tara“ hinzugefügt.

Yennyfer Inden – Einordnung der rechtsextremen Aktivistin aus Düren und ihres Kanals “PatriotOnTour”

Yennyfer Inden demonstriert 2015 in Linnich zwischen Hooligans und NPD-Kadern vermummt.

Yennyfer Inden ist eine extrem rechte Aktivistin und Netzwerkerin aus Düren. In ihrer Rolle als Medienaktivistin unter dem Pseudonym “PatriotOnTour” ist sie auch Teil eines bundesweit agierenden Medien- und Aktionsnetzwerks. Seit 2015 tritt Inden zudem vermehrt als “Anti-Antifa-Filmerin” im Kontext von AfD-Veranstaltungen, rechten Infoständen und bei rechtsextremen Aufmärschen auf.1

Yennyfer Inden stellt sich öffentlichkeitswirksam zwar als verschroben süffisante YouTuberin dar, die gerne zufällig an Orten des Geschehens gewesen sein möchte, darunter auch die Versammlungen, welche zum Sturm auf den Reichstag in Berlin 2020 genutzt worden sind. Sie kann dem direkten Umfeld zahlreicher extrem rechter nordrhein-westfälischer Netzwerke, Gruppen und Bündnisse zugerechnet werden. Hier ist der neonazistische Multifunktionär Dominic Roeseler hervorzuheben, Mitinitiator der in gewalttätigen Ausschreitungen mündenden HoGeSa-Proteste in Köln 2014 und Sprecher von “Möchengladbach steht auf”. Dass sie auch bundesweit aktiv und vernetzt ist, zeigen gemeinsame spektrenübergreifende Aktionen, Demonstrationen und Verbindungen zu anderen Neonazis, Gruppen und Parteien wie der NPD und der AfD sowie zu freie Kameradschaften und militante Hooligans sowie Querfrontszenen wie Querdenken oder Gelbe Westen.

Aufgrund Indens umfangreicher Aktivitäten in der extremen Rechten wird sie in einer rechtsextremen YouTuber_innen-Konferenz als “Frontschwein” beschrieben,2 “Mönchengladbach steht auf” nennt sie eine “Kollegin”.3 Bei vergangenen AfD-Parteitagen gehörte sie zu den Delegierten. Ihre Aussagen wie “Ein kleiner Piecks ins Wespennest: Bevölkerungsreduktion (die ja nur weltweit Sinn macht) ist ein heißes Thema (…)”4 zeugen von umfassenden Vernichtungsphantasien und legen den ideologischen Kern dieser bundesweit aktiven und bekannten Netzwerkerin offen.

DER KANAL “PATRIOTONTOUR”

Yennifer Inden aus Düren
Yennifer Inden aus Düren ist extrem rechte Netzwerkerin und Medienaktivistin.

Der Youtube-Kanal “PatriotOnTour” wurde am 08. Juni 2018 eingerichtet und verfügt über 7420 Abonennt_innen (2019: 4840).
Yennyfer Inden verschafft hierüber zahlreichen rechtsextremen Aufmärschen und Kundgebungen (vorrangig in Nordrhein-Westfalen) eine zusätzliche Öffentlichkeit. Dafür organisiert sie mehrstündige Live-Übertragungen, die aus zumeist ungeschnittenen Bewegtbildaufnahmen bestehen, welche mit Indens persönlichen Kommentierungen im laufenden Bild versehen sind. Die Zuschauenden ihrer Liveübertragungen von vor Ort können währenddessen mittels interaktivem Chat an Demonstrationen oder anderen Geschehen virtuell teilnehmen. Im Unterschied zu vielen anderen YouTuber_innen ruft Inden nie zu finanzieller Unterstützung für sich auf. Über digitale Vertriebskanäle werden die von ihr als “Echtzeitdokumentation” beworbenen und als “Ströms” bezeichneten Übertragungen vorwiegend bei YouTube öffentlich einsehbar archiviert. Um nach eigenen Aussagen “‘zufällige’ Zensureffekte auszuschließen, gibt es eine gleichzeitige Übertragung auf periscope.tv!”5 wie auch über andere Plattformen. Die “PatriotOnTour”-Streams werden beispielsweise auch über Multi-Channel-Anbietende zur Verfügung gestellt.6

GelbWesten Deutschland mit Tamara Kirschbaum (2. v.l.) berichten im Kanal “Patriotontour”
Rechtsextreme Bandbreite im Kanal “Patriotontour”

Bisher hat sie weit über einhundert derartiger Videos veröffentlicht: “Schaut euch das nicht an, zwei Stunden pure Langeweile” rät der linke Blogger Robert „Korallenherz“ Rutkowski.7 Nach Indens eigenen Aussagen handelt es sich bei ihren Aufzeichnungen um “ausschließlich Satire oder Real-Satire, wobei letzteres derzeit mehr als 99% Anteil erreicht”.8 Ihr YouTube-Profilbild ist ein Elch-Kopf mit Glubschaugen aus Plüsch und auch in anderen Kanälen werden Profilbilder mit Glubschaugen verwendet.

Alles ganz unbedarft und harmlos also?

Einige Videos stellen von ihr in Umlauf gebrachte politische Stellungnahmen der Querfront-Gruppe “Gelben Westen NRW” dar. Hierzu werden verschiedene Reichsbürger_innen oder dieser Szene nahe stehende Personen gezählt, darunter Tamara Kirschbaum (sie rief 2020 während der Proteste gegen die Covid-19-Schutzmaßnahmen zum Sturm auf den Berliner Bundestag auf), der Reichsbürger und “Mönchengladbach steht auf”-Aktivist Sascha Helmut “Master Spitter” Vossen und Heinrich “Schilder Heinz” Magatsch, der wegen der Mitnahme eines Messers auf eine Demonstration ebenfalls bereits bundesweit Schlagzeilen machte. Aufrufe zu neonazistischen und rechtsextremen Demonstrationen sowie einige wenige rechtsextreme Musikvideos sind ebenfalls im YouTube-Kanal “PatriotsOnTour” veröffentlicht worden (u.a. Musikvideos von “Master Spitter” und von der „Identitär“-völkischen Widerstands-Rockerin “Julia Juls”).9

Yennyfer Inden ist Mitglied in Chatgruppen, in welchen sich extrem rechte Aktivist_innen rund um die Demonstrationsgeschehen koordinieren, darunter u.a. Sven Liebich (Halle Leaks, ehem. Blood and honor Aktivist) und Tim Kellner (vorbestrafter Biker, ehem. Polizist).10 Dies zeigt bereits, dass ihr Aktivismus über den Besuch von Demonstrationen und das Abfilmen und Streamen dieser hinaus geht und Inden hierbei eine feste Funktion im Rahmen von rechtsextremen Aktionen erfüllt.

EXTREM RECHTER AKTIVISMUS

Bei dem von zahlreichen rechtsextremen Aktivisten und Bloggern betriebenen Paywall-Magazin “1984” ist von den “Jungs und den Mädels von PatriotOnTour”11 die Rede. Dies legt nahe, dass Inden in einem festen organisatorischen und personellen Zusammenhang aktiv ist und nicht alleine reist und handelt. Oftmals ist der bereits erwähnte Heinrich Magatsch12 an ihrer Seite zu sehen und auch der im Oktober 2021 verstorbene Dürener Berthold „Bördy“ Berghoff (“Mann kündigt „Riesen-Wumms in Köln“ an”) trat oftmals in räumlicher Nähe zu Inden in Erscheinung.13 Als in Frankreich die sozialen Unruhen und Demonstrationen der Gelben Westen in vollem Gang sind, kommt bei deutschen Rechtsextremen die Hoffnung auf, den Schwung aus Frankreich zu nutzen für den herbeigesehnten Sturm auf Berlin. Inmitten einer deutschen Mischszene aus Reichsbürgern, Identitärer Bewegung, NPD, AfD ist auch die Delegation aus Nordrhein-Westfalen zu finden, unter ihnen  Yennifer Inden, Tamara Kirschbaum und andere bekannte rechtsextreme Aktivist_innen.14 Die Teilnahme von deutschen Rechtsextremen in der französischen Grenzregion nahe Kandel  wurde über Marco Kurz (“Der Marsch 2017”, später “Frauenbündnis Kandel”) organisiert. Das Netzwerk Karlsruhe gegen Rechts ordnet die Teilnahme von Aktivist_innen wie Yennifer Inden, Tamara Kirschbaum und ihren Kamerad_innen an dem von Kurz organisierten Protest ein:

(…) in Frankreich wollte Marco Kurz den dortigen revolutionären Schwung nutzen. (…) nunmehr sein drittes Projekt zur Beendigung der BRD durch einen mit 1989 vergleichbaren patriotischen Sturm auf Berlin begonnen. Kandel diente nun nicht mehr der angeblichen Gerechtigkeitssuche “für Mia”, sondern als Brückenkopf nach Frankreich, wo die Gelbwesten-Revolte aktuell boomte.

Erste Versuche, die Gelbwesten-Bewegung zum “Sturm auf Berlin” in NRW zu starten, werden von Inden dokumentiert. So nimmt sie an zahlreichen Aktionen teil, darunter in Dortmund neben Kevin Gabbe (Die Rechte-Umfeld) und Sascha Vossen. Auch an der “Demonstration gegen Waffenexporte” im Februar 2020 nimmt sie teil.

Inden ist oftmals vorne mit dabei, wenn öffentliche und spektrenübergreifende Veranstaltungen mit dem Chrakter der Vernetzung von “rechtsradikalen, fremdenfeindlichen, „Reichsbürger“-, AfD-nahen & verschwörungsgläubigen „Gelbwesten“-Kreisen” stattfinden.15 Im Raum Köln, Aachen und Mönchengladbach wurden seit Beginn der Querdenken-Proteste Liveübertragungen durch “PatriotOnTour” sichergestellt. Am Beispiel der rechtsextremen und antisemitischen Querfront “Köln ist aktiv” ist auch online die Vernetzung dokumentiert.16 Auch ihre Rolle im Umfeld von Dominic Roeseler zeigt sie als offen agierende Netzwerkerin, in deren Umfeld sich zunehmend radikalisiert wird.

DIE ROESELER CONNECTION

Dass Yennyfer Inden mit Dominik Horst Roeseler ein vertrauensvolles Verhältnis pflegt und sowohl organisatorisch als auch politisch eng zusammen arbeitet, belegt die Tatsache, dass die “Kollegin” ihm bereitwillig das Equipment und den YouTube-Livestream  überließ, als dieser anlässlich des Besuchs von Angela Merkel an der Universität in Wuppertal eine Demonstration organisierte. Roeseler verbreitete in der Folge über den Kanal “PatriotOnTour” seinen Stream für “Mönchengladbach steht auf”17 und gab darin den Berichterstatter seiner eigenen Demonstration.18 Die Verbindung zwischen Inden und Roeseler erscheint nicht zufällig. Als Inden im November 2015 in Linnich erstmals auffiel, als sie sich “nahezu komplett vermummt” inmitten von knapp 150 Rechtsextremist_innen und 50 “nicht zwingend szenetypische[n] Menschen”19 bewegte, war Roeseler neben NPD-Funktionär Christian Remberg und weiteren rechtsradikalen Hooligans (Willi Maybaum und Patrick Glogowskyj) der Initiator.20

Die Demonstration “Stoppt die Gewalt!” am 8. September 2019 in Mönchengladbach von “Mönchengladbach steht auf” wurde von Yennyfer Inden mit einem Video-Aufruf beworben21 und fand unter Beteiligung von 23 Gruppen und Bündnissen statt, darunter Identitäre (Ruhrpott Roulett, Widerstand steigt auf), gewaltbereite Kameradschaften und Hooligans (Bruderschaft Deutschland, Internationale Kölsche Mitte, Bruderschaft Herne) sowie rassistische Akteur_innen wie das Frauenbündnis Kandel, PEGIDA NRW oder Deutsche Patrioten.

Im Umfeld von Dominic Roeseler beteiligte sich Yennyfer Inden organisatorisch an der Bündnisdemonstration “Wir für Deutschland” am 3. Oktober 2019 in Berlin durch Bewerbung und eigene Aufrufe.22 Ziel des bundesweiten Bündnisses war es der Journalistin Kira Ayyadi nach, das Themenspektrum Muslime, Islam und Geflüchtete zu erweitern und weiter zu radikalisieren: “Hier wurde nicht nur rassistisch gegen den Islam gewettert, sondern von Beginn an eine grundlegende Änderung des politischen Systems gefordert.”23 Die Bündnisdemonstration wurde von einem breiten, extrem rechten, neonazistischen und verschwörungsideologischen Spektrum getragen und fand unter Beteiligung und teils gemeinsam anreisender Gruppen und Zusammenhänge aus Nordrhein-Westfalen statt, darunter auch “Mönchengladbach steht auf” und “Patrioten NRW”.

Als der bereits mehrfach verurteilte und vom Verfassungschutz beobachtete Rassist Michael Stürzenberger24 mit seinem Verein “Bürgerbewegung Pax Europa” (BPE) von Drängelgittern geschützt deutsche Städte bereiste um dort rassistisch gegen “den” Islam zu hetzen, stand Inden auf seiner Seite und filmte.25 Als Lutz Bachmann in Aachen auf einer „Pegida“-Versammlung vor Neonazis, der anzahlmässig stark vertretenen rechtsextremen Vlaams Belang und „Besorgten“ im Dezember 2015 eine Rede hielt, war Inden ebenfalls vor Ort. Dies zeigt, dass Inden schon frühzeitig im Umfeld rechtsextremer Aufmärsche und Aktionen auftauchte.26

Mit der Rolle als anwesende Teilnehmerin begnügte sich Inden auch hier nicht. Der damalige AfD-NRW-Parteichef Marcus Pretzell redet auf Schloss Burgau in Düren im Mai 2017. Inden trat vor die Tür und filmte den versammelten Gegenprotest. Dabei fiel ihr rotes Shirt auf, auf dem sie eine zusammengelegtes Hakenkreuz- und EU-Flagge zeigt. Das Eurozeichen erinnert an ein Hakenkreuz im weißen Kreis. Zu lesen ist: „Heil Merkel!“ und relativiert damit den Nationalsozialismus.27

Im Juni 2016 wird sie vom Kreisparteitag der AfD Düren als Delegierte zum AfD-Landesparteitag nach Werl entsandt. Dort sitzt sie im Juli 2016 neben dem Dürener AfD-Chef Bernd Essler. „Mit ihrer Handkamera filmt sie Journalisten respektive politische Aktivisten, die mittels Presseausweisen den Parteitag besuchen und Fotos machen oder machen wollen. Offenbar sind sie unbeliebt, einige davon werden noch des Saales verwiesen.“28 Im Februar 2017 taucht sie wieder „nahezu komplett vermummt” auf, beim Wahlkampfabend der AfD Düren in Niederzier-Hambach mit dem ehemaligen Parteichef Jörg Meuthen.29

In Burladingen diskutierte der AfD-Flügel im Februar 2019 mit Compact Magazin-Chef Jürgen Elsässer. Prominente AfD-Flügelfunktionär_innen forderten, dass die “AfD Alternativ bleiben” solle. Yennyfer Inden wurde gefragt, ob sie die Diskussionsveranstaltung filmt. “Mit Christina Baum als Rednerin steht die Anmelderin einer Demo in Kandel auf der Rednerliste, auf welcher offene Faschisten den Schulterschluss mit Rechtspopulisten und einigen Teilen der Bevölkerung mimen,” heißt es im Aufruf des Gegenprotests.30 Stefan Räpple (wie Baum von der AfD Baden-Würtemberg) und Doris von Sayn-Wittgenstein (AfD Schleswig-Holstein) saßen ebenfalls auf dem Podium. “Es handelt sich dabei vor allem um das offen faschistische Segment der rechtspopulistischen Partei, welche mithilfe völkischer Rhetorik einerseits zu provozieren und gleichzeitig die konsequente Umsetzung des parteipolitischen Programms der AfD versucht,” ordnet die Antifaschistische Aktion (Aufbau) in Tübingen das Treffen ein.31

DIE SICH SELBST VERHARMLOSENDE SPAZIERGÄNGERIN

Das Agieren von Yennyfer Inden ist stets vom Versuch geprägt, das eigene Auftreten, die gemachten Aussagen und das eigene Wirken zu verharmlosen, zu bagatellisieren und zu relativieren. Dies lässt sich an ihrer Rolle auf den Protesten gegen den Westdeutschen Rundfunk (WDR) bei den sog. Anti-WDR-Protesten 2020 in Köln32 illustrieren.

Zu Beginn der Live-Übertragungen der Kundgebung gegen den WDR am Appellhofplatz am 29. Dezember 2020 betonte Inden sieben Mal in den ersten Minuten, “zufällig” nach einem “Spaziergang”33 und dem “Weihnachtsmarkt”34 – wohlgemerkt am 29. Dezember – mit Gleichgesinnten “spontan” vor den WDR gegangen zu sein. Die Demonstration wurde Tage zuvor bereits im Internet über rechte Netzwerke beworben.35 Dennoch bestand der Versuch darin, das gesamte Setting der Live-Übertragung von “PatriotOnTour” beiläufig bis zufällig erscheinen zu lassen. Sich selbst inszenierte Yennyfer Inden dabei als angebliche Spaziergängerin, die ungeplant auf ein politisches Anliegen im öffentlichen Raum Kölns gestoßen sei und sich – davon angesprochen – hat mitreißen lassen. Die niedrige Bildqualität und das als unbedarft erscheinende, kumpelhafte bis süffisante Auftreten stützen den vordergründigen, wenn auch schlecht geschauspielerten, Eindruck während der laufenden Übertragung.

Dass die Dürener Aktivistin einen für zufällige Demonstrationsbesuche untypisch hohen Organisationsgrad aufweist, wurde wenige Tage später deutlich, als Yennyfer Inden in ständiger Begleitung eines jungen Aktivisten erschien, der die Aufgabe eines Bodyguards hatte und sie vom Gegenprotest abzuschirmen versuchte.36 Auch ihr Livestream war personell breit aufgestellt. So wurden die Aktionen gegen den WDR am 4. Januar 2020 zeitgleich vom Kanal “Das Walarium”(Youtuberin Vivienne “Der Grindelwal” aus Dresden) im Multi-Stream ausgestrahlt, gemeinsam mit Neonazi “Lilly Thüringen” und zeitgleichen Aktionen vom Anti-SWR-Protest.37 Die Chatfenster des Livestreams wurden von mehreren Aktivist_innen betreut.38 Auf der anschließenden internen Konferenz auf einem Dischord-Server nahm Yennyfer Inden teil und ludt Gäste ein, darunter der YouTuber “83metoo” Oliver Haas aus Much. Ebenfalls nahmen Liane “Lilly Thüringen” Steup vom gewaltbereiten “Bündnis deutscher Patrioten” und Oliver “Team Deutschland” Jahn (ehem. NPD) teil.

Die von Yennyfer Inden gedrehten und gesendeten Bilder waren auch Teil eines Fahndungsaufrufes, welcher von der Identitären Bewegung und anderer extrem rechten Kreisen verbreitet wurde und mit dem versucht worden ist, personenbezogene Daten vom Gegenprotest zu erhalten.

FAZIT

Inden kann dem Gelb-Westen/Patrioten NRW/Mönchengladbach steht auf-Umfeld zugerechnet werden. Der Kanal “PatriotOnTour” ist als Instrument zur medialen Verbreitung der völkischen, rassistischen und antisemitischen Ideologie ihres Netzwerkes zu verstehen und trägt zur Verharmlosung und Verbreitung von Hass und Hetze auf Menschen anderer Ansichten bei, die auf den verbreiteten Demonstrationen propagiert wird. Die Strategie der Selbstverharmlosung als zufällige Spaziergängerin und durch ihr vermeintlich bürgerliches Auftreten ist dabei zentral. Yennyfer Inden genießt das Vertrauen zahlreicher bekannter teils gewaltbereiter und militanter Neonazis, nordrhein-westfälische AfD-Flügel-Anhänger_innen, Dominik Roesler von “Mönchengladbach steht auf” und Michael Stürzenberger wie auch ehemalige NPD-Kader aus dem Umfeld der bundesweit organisierten “Bündnis deutscher Patrioten”.

Die aktuell unter “Impf-Kritik” firmierenden Proteste, an denen sich Inden bisher beteiligt hat, sind inhaltlich seit 2015 austauschbar. Die Strategie und Ideologie dahinter bleibt gleich: Mit Hilfe eines “bürgerlichen” Erscheinungsbildes wird antisemitische, rassistische und faschistische Ideologie verharmlost und verbreitet.

Quellen

1 Michael Klarmann: “Anti-Antifa-Filmerin im Umfeld der AfD Düren” (Original-Post des Journalisten Michael Klarmann) vom 12. Mai 2017; „Anti-Antifa“-Filmerin im Umfeld der AfD Düren (Chronik 2017 vom Dürener Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt. Verwiesen sei an dieser Stelle auch auf eine Video-Kanal-Auswertung von Michael Klarmann veröffentlicht via Facebook (https://t.co/pbF0ll6vFP am 20. Juli 2022). Hinweis: In einigen älteren Beiträgen wird Yennyfer Inden  als “Carola Kreuzau” bezeichnet und redaktionell anonymisiert.

2 Oliver “Oli” Haas: “WDR Demo Köln – Gespräch mit Lilly Thüringen und PatriotOnTour bei Telefon.Tube” (YouTube ID V=KqdzU2qqBaA?t=2717).

3 Mönchengladbach steht auf: Post (https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=2585635981583032&id=800904830056165) vom 4. Januar 2020.

4 “PatriotOnTour”: “Video-Beschreibung” zum Video “Sammlung zum  Ostermarsch Rhein-Ruhr 2019 am Kölner Hbf #OM2019” (https://www.youtube.com/watch?v=ZKut7YFpZS4).

5 “PatriotOnTour”: “15.12.2019 Weihnachtssingen statt Klimahüpfen” (YouTube Video ID v=QqAGMGC6qlI), kein Uploaddatum; der Kanal bei Periscope ist abrufbar unter www.pscp.tv/PatriotOnTour/1YqKDBPeOlBJV.

6 u.a. wurde der Stream vom 4. Januar 2020 aus Köln bei Bitchute gespiegelt vom Kanal “Alter Stinksack” (www.bitchute.com/channel/alterstinksack/).

7 Robert Rutkowski “Korallenherz”: Tweet von der Gelb-Westen-Demonstration in Dortmund (https://twitter.com/Korallenherz/status/1079074472731308032) vom 29. Dezember 2018.

8 “PatriotOnTour”: “Zur Lage der (Noch-)Nation” (Youtube Kanalinfo, gesichtet am 27.01.2020).

9 Für den “Mönchengladbach steht auf”-Aktivisten Sascha Helmut “Master Spitter” Vossen veröffentlichte Yennyfer Inden das Musikvdieo “Friede den Hütten”. V. hat einen Reichsbürger-Ausweis und präsentiert sich auf Demonstrationen und im Internet als Gelb-Weste. Unsere Recherche zur Sascha “Master Spitter” Vossen wurde unter https://raba.noblogs.org/post/2020/01/08/recherche-zu-master-spitter-alias-sascha-helmut-v/ veröffentlicht. Der Pfälzischen Rechtsrock-Sängerin und Aktivistin “Julia Juls” veröffentlichte Jeniffer das Musikvideo “Schützt uns (Vollbild Mix)”. Die Interpretin ist bei Gelb-Westen wegen des Liedes “Gemeinsam sind wir stark” beliebt, in dessen Musikvideo auch Bilder der “Patrioten NRW” eingeblendet (vgl. Netzwerk Karlsruhe gegen Rechts: Dossier “Marco Kurz und sein untotes Frauenbündnis im Juni (Minderslachen & Herxheim)” (Dossier vom Netzwerk Karlsruhe gegen Rechts) vom 10. Juni 2019, Seite 7 ff.) und die im Lied “Kommt raus”, das auf zahlreichen rechten Demonstrationen zum Einsatz kommt „Hand in Hand für den Widerstand” aufruft. “Juls” gehört dem “Frauenbündnis Kandel” an und ist bundesweite Rednerin bei extrem rechten Versammlungen. Sie wird vom Verfassungsschutz beobachtet.(Karin Dauchner, Die Rheinpfalz: “Verfassungsschützer haben Kandeler Rechtsrock-Sängerin Julia Juls im Visier” (Die Rheinlandpfalz Online) vom 05. Dezember 2019 )

10  Samira Alshater, Belltower News: Recherchen zu Tim Kellner (Belltower News) vom 10.09.2019. Nähere Informationen und Hintergründe zum Neonazi Sven Liebich: “(Ex-?)Neonazi bereichert sich an Studierenden” vom 7. Mai 2013 (Hosen Runter – Antifa Recherche Blog). Nähere Infos zum Neonazi Tim Keller des Antifa-Infoblattes unter https://www.antifainfoblatt.de/tags/tim-kellner  .

11 Redaktion 1984: “GEZ-Demo Köln LIVE: „Antifa“ jagt Demonstranten!” (https://19vierundachtzig.com/2020/01/04/gez-demo-koeln-live-antifa-jagt-demonstranten/) vom 04. Januar 2020.

12 Unter diesem Namen gab der Aktivist ein Interview im extrem rechten Blog Philosophia Perennis (Interview wurde dokumentiert, auf eine Verlinkung wird an dieser Stelle verzichtet). Videostatements nach zu urteilen tritt Magatsch als Sprecher der Gelb-Westen-NRW auf und kann darüber hinaus dem Spektrum “Patrioten NRW” und “Mönchengladbach steht auf” zugerechnet werden. Öffentlich breitet bekannt wurde Magatsch für die Mitnahme eines Messers auf eine Demonstration, die zu einem Verfahren in  Berlin führte. Hierzu gab er Philip Bergers Blog “Philosophia Perennis” ein ausführliches Interview, “PatriotOnTour” begleitete den Prozess und ließ Magatsch seinen Freispruch öffentlich bekannt geben.[vgl. Philosophia Perennis: “APO 2018: Erster Aktivist in Berlin wegen Lappalie vor Gericht” (auf eine Verlinkung auf den extrem rechten Blog wird an dieser Stelle Verzichtet) vom 24.09.2018.

13 Zur Schlagzeile “Mann kündigt „Riesen-Wumms in Köln“ an” s. Express Köln unter https://www.express.de/koeln/corona-in-koeln-festnahme-bei-demo-auf-dem-rudolfplatz-49427?cb=1642703519339; gemeinsame Auftritte z.B. Anlässlich des Brexits in der Dürener Innenstadt (YouTube ID “v=-lWMeoADcnc”)

14 Eigene Auswertung. Robert Rutkowski “Korallenherz”, Tweet von der Gelb-Westen-Demonstration in Dortmund (https://twitter.com/Korallenherz/status/1079066911193866241) vom 29. Dezember; zu Stefanie van Laak vgl. das Video (youtu.be/ayL7XYuRTk8?t=1751) 2018.

15 Michael Klarmann via Twitter (https://twitter.com/Klarmann/status/1223587621491957766) am 1. Februar 2020.

16 vgl. https://twitter.com/kleinski/status/1484911258050744321

17 “PatriotOnTour”: “13.05.2019 Wuppertal – Mönchengladbach steht auf e.V. – live mit Dominik Roeseler” (YouTube ID v=uRqzEO-h7mo) vom 14. Mai 2019.

18 Hintergrundinfos zu Dominik Roeselerim beim Lotta Magazin (Lotta Magazin, Artikel mit dem Tag “Dominik Roeseler”), Störungsmelder Blog  bei Die Zeit Online: “Neustart für Neonazi-Bewegung in NRW?”  (Störungsmelder, Die Zeit Blog) von Jennifer Marken am 9. September 2019.

19 Störungsmelder: “Aus den Städten in die Dörfer (Störungsmelder, Die Zeit Blog) vom 11. November 2015.

20 Blick nach Rechts, Michael Klarmann: “Rechter Spuk am Niederrhein” (Blick nach Rechts – Online Magazin) vom 12.03.2018.

21 “PatriotOnTour”: “Aufrufvideo: Stoppt die Gewalt! – Demo am 08.09.2019 in Mönchengladbach” (YouTube ID v=9OgjyrTuOLk) vom 05. September 2019.

22 “PatriotOnTour”: “Aufrufvideo Berlin 03.10.2019 #gemeinsam0310” (YouTube Video ID v=5cRl_lUqjss) vom 18. September 2019

23 Bell Tower News: “Extrem rechte Demo in Berlin – ‘Wenn wir wollen, schlagen wir euch tot’” von Kira Ayyadi (https://www.belltower.news/extrem-rechte-demo-in-berlin-wenn-wir-wollen-schlagen-wir-euch-tot-91627) von Kira Ayyadi vom 3. Oktober 2019.

24 Die Verurteilungen reichen von Beleidigung,  Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren, Volksverhetzung bis zu Kennzeichenmissbrauch, vgl. Wikipedia ( https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_St%C3%BCrzenberger; gesichtet am 27.01.2020 ).

25 Frankfurt, Offenbach, Bochum, Solingen, Mönchengladbach, Coesfeld, Gelsenkirchen und Erfurt; u.a. “PatriotOnTour”: “26.10.2019 Frankfurt – Michael Stürzenberger & BPE” (YouTube Video ID v=Yjd64hQ1IIw), kein Uploaddatum.

26 s. Fußnote 1

27 ebenda

28 Dokumentiert von Michael Klarmann v. 12.05.2017 ( https://m.facebook.com/KlarmannMichaelAachen/posts/1707028099325557 ) und bei Robert Rutkowski (Foto: https://www.flickr.com/photos/korallenherz/27938999952/in/album-72157670523285925 und Bericht https://robert-rutkowski.de/afd-landesparteitag-in-werl/ )

29 s. Fußnote 1

30 Infoportal Tübingen Reutlingen: “Burladingen Zugtreffpunkt aus Tübingen gegen die Veranstaltung der AfD am 09.02.2019” (http://www.tueinfo.org/cms/node/25112) vom 07. Februar 2019.

31 Antifaschistische Aktion (Aufbau) Tübingen: “Burladingen Aktionsbericht: Keine Plattform der AfD (http://antifaaufbautue.blogsport.de/2019/02/09/burladingen-aktionsbericht-keine-plattform-der-afd/) vom 9. Februar 2019.

32 Die Demonstration bzw. Kundgebungen fanden am 29. Dezember 2019 und 04. Januar 2020 statt.

33 “PatriotOnTour”: “29.12.2019 Köln – Demo gegen Propaganda Teil 1v2 #WDR #Umweltsau” (Youtube Video ID v=nl_Ka9d1Qzk), Time-Codes: 2:30 min., 2:40 min., 3:14 min., 3:37 min., 3:50 min., 4:10 min., 4:23 min.

34 “PatriotOnTour”: “29.12.2019 Köln – Demo gegen Propaganda Teil 1v2 #WDR #Umweltsau” (Youtube Video ID v=nl_Ka9d1Qzk), Time-Codes: 1:30 min., 3:00 min.

35 Beworben wurde die Demonstration vom 29.12.2019 u.a unter www.politikversagen.net/demo/spontandem und über die Aktivistin “Lisa Lucentia” aus Köln.

36 vgl. Aufzeichnungen aus der Liveübertragung von Yennyfer Inden archiviert

37 “das Walarium”: “LIVE – Demo in Köln & Baden-Baden gegen GEZ am 04.01.2020” (YouTube ID v=WUXjG0nBrNI), kein Uploaddatum.

38 Die Youtuber_innen “Der Grindelwal”, “Bernd Arnold” und “P.M. SüdbrandenburgerPatriot” sowie “Bommel”. Infos zu “Der Grindelwal”: https://twitter.com/RomanGrabolle/status/1480190240312672263, Foto hier: https://twitter.com/streetcoverage/status/1492901205709836291)

Kostenlos für den Einzelhandel: Wie sich Verschwörungsideologie über das Kornmagazin im Südharz verbreitet.

Kornmagazin-Herausgeber und Autor Uwe Lowin als Komparse im Tatort.

An der Verbreitungsgeschwindigkeit von Verschwörungsmythen lässt sich erahnen, wie tief die bundesdeutsche Gesellschaft von antisemitischem Wahn angetrieben wird. Antisemitismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen lebt durch „Corona Leugner_innen“ wieder auf.(*) Diese organisieren sich in Gruppierungen wie u.a. “Querdenken”. Längst ist ihre aktive Vernetzung mit der extremen Rechten nachgewiesen. Ein aktuelles Beispiel aus dem Ländlichen zeigt, wie diese rechtsextremen Ansichten in der bürgerlichen Mitte aktuell Fuß gefasst haben und sich weiterverbreiten.

Beim Kornmagazin aus dem Südharz handelt es sich um ein lokal und kostenlos verteiltes Anzeigen-Magazin mit redaktionellem Antlitz. Der nicht durch Anzeigen belegte Platz wird von Uwe Lowin redaktionell gefüllt. Uwe Lowin ist Verlagsleiter, Herausgeber und sein eigener Autor – in einer Person. In dieser Funktion informiert er über das Geschehen zumeist aus dem Südharz. Auch über seine Komparsen- und Sprecherrollen informiert er im Kornmagazin. So erfahren die Lesenden, wie sein Traum in Erfüllung ging, den Dorfpolizisten-Komparsen im Krimiformat Tatort „Die Rache an der Welt“ (NDR) zu spielen. Auch in Köln erhaschte er eine Nebenrolle: “Einsatz in Köln” -Kommissare ermitteln“ (Constantin Entertainment). Und er berichtet mit Schlagzeile, wenn ihm Rollen abgesagt worden sind: „Pech für Uwe Lowin“. Mit derlei Beiträgen wird seiner Broschüre beim Warten in der Zahnarztpraxis, im Friseursalon oder an der Schlachter-Theke eher kurzweilige Aufmerksamkeit zuteil.
Den Ruf als bedenkenlos zu verteilendes und unpolitisches Anzeigenblättchen dürfte Uwe Lowin jedoch mit der Mai-Juni-Juli-Ausgabe 2021 los sein: Bereits im “Vorwort des Herausgebers” wartet er mit Fakenews auf, mit denen die Corona-Pandemie relativiert wird. Nach dem Umblättern erfahren die Lesenden von seiner Fahrt zur Demonstration des „Querdenken“-Spektrums nach Kassel, gemeinsam mit seiner Frau und einem befreundeten Ehepaar. In die Schlagzeilen kam die sog. „Anti-Corona“-Demo in Kassel im März, weil dort aggressiv die gerichtlich bestätigten Auflagen der Stadt Kassel missachtet wurden. Den aktiven Verstoß gegen diese Auflagen vergleicht Uwe Lowin verniedlichend mit einer „Kirchentags-Stimmung“, die gewalttätigen Übergriffe auf Andersdenkende, Journalist_innen und Polizeibeamt_innen negiert er. Pauschal bezeichnet er, getreu dem Szene-Sprech, die Berichterstattung von und über die Demonstration als „mediale Hetzjagd“ und unterschlägt, dass belegterweise zahlreiche verfassungsfeindliche Rechtsextreme und Reichsbürger_innen an diesen Demonstrationen teilnehmen. So auch in Kassel, als diese als gleichberechtigte Teile des Demonstrationszuges auf diesem sog. “Kirchentag” ihre verfassungsfeindliche und menschenverachtende Ideologie verbreiten und die “Stimmung” anheizen durften. Lowins ausführlicher Bericht über die Gründungsversammlung der „Querdenker-Partei“ DIE BASIS in Göttingen passt sich hier ins Bild ein.
Es sind bisher lokale und regionale Werbekund_innen, die Lowin und sein Pamphlet mit großformatigen Anzeigen die finanzielle Basis sichern. Darunter der Energieversorger Harz Energie, das Wohnbauunternehmen Kreiswohnbau Osterode/Göttingen, die Sparkasse sowie zahlreiche ortsansässige kleinere Handwerksbetriebe, Dienstleister_innen, Fitness-Studios oder das Schwimmbad. Auch die „Pension Coesfeld“ bewirbt ihre „Heilsteine“ aus „Giesela’s Steinstübchen“.
 Unter dem Demobericht aus Kassel fällt eine redaktionell als „anonym“ bezeichnete großformatige Werbeanzeige (!) auf. Darin wird unverhohlen der rechte Hetz-Blog von Boris Reitschuster beworben – in rechtsextremen und verschwörungsideologischen Kreisen äußerst beliebt. Die Website des Handelsblattes bezeichnet Reitschuster darin als „rechtskonservativen Blog“. Auffällig auch, dass sich seine Diffamierungen oft an erfolgreiche Frauen* richten. So hat er beispielsweise Liane Bednarz (Publizistin und Juristin) oder Simone Rafael (Publizistin und Kunsthistorikerin) mit populistischen Unterstellungen überzogen. Reitschuster versteht sich darauf, Rechte als Linke und Linke als Rechte zu verkehren. Das scheint bei Uwe Lowin zu fruchten, der in seinem redaktionellen Beitrag über die Corona-Demo in Kassel Boris Reitschuster bereitwillig  zu Wort kommen lässt.
Kann das sein? Auf Demonstrationen und bei seinen Werbekund_innen „übersieht“ Uwe Lowin Antisemitismus und Rechtsextremismus. In seinem Kassel-Demo-Bericht gibt er Michael Meyen, Professor der Ludwig-Maximilians-Universität München, das letzte Wort: Meyen klagte u.a. gegen den Beschluss der Stadt München, der antisemitische Kampagne „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) keine Räume mehr zur Verfügung zu stellen. In seinem Blog „Medienrealität“ (er ist hier Mitherausgeber) wird Ken Jebsen „als professioneller Journalist“ dargestellt. Das Linke Bündnis gegen Antisemitismus München  veröffentlichte zu Meyen einen Text mit dem Titel „Michael Meyen und das Antisemitismusproblem an der LMU München.“(**)
Über all das informiert Lowin seine Lesenden hingegen nicht.

 

Bericht über die sog. Anti-Corona-Demo in Kassel, März 2021
Bericht über die sog. Anti-Corona-Demo in Kassel, März 2021 inkl. Werbung für Boris Reitschuster.
Bericht über die Gründung der “Querdenken”-Partei “Die Basis” in Göttingen. „Margaretha Main“ (das von Gabriele Winkel genutzte Pseudonym) kandidiert für den Bundestag.
*)Zum Zusammenhang von Antisemitismus und Verschwörungsideologie folgende Leseempfehlung:
**) BgA München vom 12.03.2021, hier nachzulesen:

Antisemitismus auf Hanau-Gedenken – Ein Problem?!

Hui! Wer hätte gedacht, dass eine Kritik an einer antisemitischen Hetze im Rahmen einer antirassistischen Trauer- und Gedenkveranstaltung nicht selbstverständlich zur Distanzierung von den Antisemit_innen führt…

Die plötzlich im Raum stehenden “Fragen”, ob sich überhaupt von Antisemitismus distanziert werden muss, haben wir hierzu nochmal zusammengefasst und beantwortet.

1. Ist es nicht unsolidarisch, eine Rede auf einer antirassistischen Gedenkveranstaltung zu kritisieren?

Die am 19. Februar in Köln ausgerufene Parole „Freiheit für alle Palästinenser vom Fluss bis zum Meer“ (engl. „From River to the sea, palestine will be free“) zielt auf die Ablehnung einer friedlichen Zwei-Staaten Lösung und das Negieren jeden Existenzrechts Israels. Dies ist antisemitische Kackscheisse und hat auf einer Gedenkkundgebung zu Hanau nichts zu suchen.

Aus gutem Grund wird sich bei Trauer- und Gedenkveranstaltungen aus Respekt und Rücksichtnahme an den Interessen der Betroffenen orientiert. Betrachten wir den Wunsch der Angehörigen, Hinterbliebenen und Überlebenden des rassistischen Terroranschlages von Hanau: „fordern Aufklärung, weil die zuständigen Behörden seit Jahrzehnten auf den Rassismus nicht reagieren und eine Mitschuld tragen; Konsequenzen, damit die Rassisten entwaffnet und die Behörden grundlegend entnazifiziert werden; Gerechtigkeit, damit das Leid der Familien und Überlebenden anerkannt wird und sie die notwendige Unterstützung erhalten; Erinnerung, damit die Ermordeten niemals vergessen werden und so etwas nie wieder passiert.“ (s. 19feb-hanau.org/2020/08/21/pm-zur-demo/)

In Köln wurden zwei aufeinander aufbauende Reden gehalten, die das Attentat von Hanau gezielt als Einstieg für ein ganz anderes Thema genutzt haben: Für linke antisemitische Hetze in Richtung des jüdischen Lebens im Allgemeinen und in Richtung des Staates Israel  im Besonderen. Die Reden wurden von „Young Struggle“ und „Palästina spricht NRW“ gehalten. Dass es den genannten Gruppen nicht primär um das Gedenken an den rassistischen Terroranschlag ging, zeigte sich auch im Verhalten und Auftreten. Unmittelbar nach ihren eigenen Redebeiträgen verließen sie die Kundgebung direkt wieder.

2. Weshalb kritisiert ihr die Kapitalismuskritik von „Young Struggle“ und „Palästina spricht NRW“?

Dass es einen  Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Rassismus gibt, ist zunächst unzweifelhaft gegeben und sollte betont werden. Am Beispiel der gehaltenen Reden wird aber deutlich, dass dies keine Kapitalismuskritik war, sondern antisemitische Verschwörungsideologie unter dem Deckmantel der „Kritik“.

So benutzt Young Struggle den Begriff „Kapitalistenklasse“ bezogen auf den Staat Israel und behauptet, diese „Klasse“ sei schuld an der Situation der Palästinener_innen. Die Terrororganisation Hamas wird hingegen nicht in die Kritik einbezogen. Dabei leiden Palästinenser_innen zum Beispiel in Gaza unter der islamistischen Terrorherrschaft der Hamas.

Es wird deutlich, dass es Young Struggle und Palästina spricht NRW nicht um Kapitalismuskritik oder Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung geht, sondern schlicht um antizionistischen Antisemitismus.

3. Und was wäre eurer Meinung nach eine korrekte Kapitalismuskritik?

Zunächst einmal muss eine kapitalismuskritische Rede kein studentisches Co-Referat werden, bei dem die Versammlungsteilnehmenden schnell den Faden verlieren. Aber auch Vereinfachungen sollten nicht verzerren und korrekt sein.

Die Aussage, wonach der Kapitalismus die Herrschaft der Kapitalisten sei, wird dem Problem, welches der Kapitalismus darstellt und die er hervorbringt, nicht gerecht. „Wer kennt sie nicht, die tollen Karikaturen, wo dicke Männer in Schwarz mit Zylinder und Zigarre wieder dieses oder jenes verantworten oder befehlen. Das basiert auf der Vorstellung, „die Kapitalisten“ seien eine Gruppe von Menschen, die eng zusammenarbeiten. Die eigentliche Macht läge nicht bei der politischen Gewalt, sondern in der Ökonomie oder aber, die Politiker*innen seien nur Marionetten der Kapitalist*innen. Auf den Donnerstagstreffen der herrschenden Klasse muss ganz schön was los sein… So schlicht war das nicht einmal im 19. Jahrhundert, als diese Bilder entstanden sind.“ Ein Erklärungsmuster auf das Verschwörungsideolg_innen zurückgreifen, wie wir auch von den antisemitischen Pandemie-Befürwortern wie „Köln Aktiv“ und Rechtsextremen wissen. Hier ist es Bill Gates oder der jüdische Milliardär George Sorros, dort eine „Kapitalistenklasse“-Clique als die jüdische Weltverschwörung.

4. Nun geht es wieder um den Nah-Ost-Konflikt und nicht mehr um Hanau.  Wem hilft das?

Da es niemanden hilft, haben wir uns entschieden diese notwendige Kritik öffentlich zu machen.

5. Es ist doch rassistisch, Reden migrantischer Selbstorganisation zu kritisieren!

Wer denjenigen Rassismus vorwirft, die linken Antisemitismus kritisieren, betreibt einen leicht zu durchschauenden What-about-ism, um Kritik am Antisemitismus zu verhindern. Dass dieses Argument von denen ins Feld geführt wird, die dem Umfeld autoritärer stalinistischer und marxistisch-leninistischer Zellen zugerechnet werden, verwundert kaum: Antisemitismus und Judenhass ist bei ihnen Programm.

6. Palästina spricht NRW hat sich doch „deutlich jegliche Antisemitismus-Vorwürfe“ zurückgewiesen. Damit ist doch eure Forderung erfüllt?

„Palästina spricht NRW“ hat unsere Kritik bestätigt und sich nicht mit dem eigenen Antisemitismus auseinandergesetzt. Sie versuchen sich dem emanzipatorischen Diskurs mit einem autoritären Trick zu entziehen: Die Kritiker_innen ihrer Rede seien „von weißen, sich  antirassistisch und antisemitismuskritisch gebenden Gruppen“ geäußert worden und deshalb nicht berechtigt Kritik zu äußern.

Dass Jüdinnen und Juden in postkolonialen, antirassistischen oder intersektionalen Debatten als »weiß« markiert werden, ist keine Seltenheit. Eine solche Zuschreibungen versagt vor der Komplexität jüdischer Geschichte in Europa. In unreflektierten intersektionalen Debatten impliziert die Bezeichnung »weiß« stets, dass die so Bezeichneten zum herrschenden Teil der Gesellschaft gehören und keine Diskriminierung erfahren. Im postfaschistischen Deutschland verbietet es sich, den Begriff in diesem Sinne auf jüdische oder auf Menschen aus Osteuropa anzuwenden, die sich gleichwohl kaum als »nichtweiß« bezeichnen lassen.

Indem „Palästina spricht NRW“ ein Foto unter das Statement setzt auf dem die “Migrantifada“ gefordert wird, macht sie deutlich, dass sie nicht am Kampf gegen Unterdrückung, sondern an der Vernichtung jüdischen Lebens interessiert sind. Die Verschmelzung von „Migration“ und „Intifada“ legt offen, die Vernichtung (Intifada) der Jüdinnen und Juden in Deutschland zu forcieren. Dieser angebliche Kampf für eine gerechte Welt gegen Unterdrückung, für Freiheit und Frieden dieser Gruppe ist durchsichtige Heuchelei.

Keine Ausreden! Antisemitismus konsequent zurückdrängen. #NieWieder

Antisemitismus in Köln an Stelle von Trauer und Gedenken an die Opfer von Hanau

Young Struggle Köln hat die Gedenkveranstaltung an den rassistischen Terroranschlag von Hanau gekapert, um die Erinnerung und den Protest als Forum für #Antisemitismus und Geschichtsrevanchismus zu nutzen.

Am 19. Februar fanden die bundesweit wichtigen und bemerkenswert kritischen Erinnerungen an den rassistisch motivierten Terroranschlag von #Hanau statt. So auch in Köln. Zu der auf dem #Wilhelmsplatz in Köln-Nippes stattfindenden Veranstaltung “1 Jahr nach Hanau – Erinnern heisst Kämpfen” am 19. Februar um 16 Uhr riefen auch autoritäre Gruppen wie Young Struggle auf.

Der strukturelle Rassismus in Deutschland wurde in der Rede von Young Struggle mit einem “Genozid” gleichgesetzt. Die rassistische Mehrheitsgesellschaft wurde von Young Struggle in Schutz genommen, Rassismus wurde als “Instrument der herrschenden Klasse” verharmlost und relativiert. Gleich so als wären die Menschen im Kapitalismus nicht für ihre Taten auch selbst verantwortlich, ist es in der Verschwörungsideologie von Young Struggle einzig “der Kapitalist”, der mit Rassismus die Arbeiterklasse manipulieren und spalten würde.

Damit nicht genug. Als hätte es etwas mit Hanau zu tun, behauptet Young Struggle auch noch, die “Kapitalisten” seien Schuld an der Situation der Menschen in Gaza. Nebenbei bemerkt: Der Terrorismus der Hamas, von dem Palästinenser_innen und Jüd_innen betroffen sind, wurde mit keinem Wort erwähnt. Das dürfte den uniformiert und geschlossen mit Pali-Tuch auftretenden Gruppen gefallen haben, als schließlich “Palästina spricht NRW” in der auf Young Struggle aufbauenden Rede zur Vernichtung Israels aufrief: “Wir kämpfen für eine freie Welt für alle Palästinenser vom Fluss bis zum Meer”.

Die Instrumentalisierung von Erinnern an Hanau und die Ermordeten (#SayTheirNames) wurde in besonders widerwärtiger Art und Weise für antisemitische Vernichtungsphantasien und als antiimperialistische Klassenpropagandaschmiede benutzt.

Die Veranstaltung wurde in Köln breit beworben, Distanzierungen sind uns bisher keine bekannt. Wir hoffen, dass nach unserem Beitrag Konsequenzen folgen und Young Struggle nicht unwidersprochen bleibt.

Gedenken an das Halle-Attentat von 2019

Wir solidarisieren uns mit allen Überlebenden, die am 9. Oktober 2019 angegriffen und verletzt wurden. Sie wurden widerliches Ziel des rechtsterroristischen Angriffs eines Antisemiten, Rassisten, Sexisten und Antifeministen. Er hat zwei Menschen ermordet. Wir denken und erinnern uns an Jana L. und Kevin S., sie bleiben unvergessen.
Unsere Solidarität und unser Mitgefühl gehört auch ihren Familien, ihren Freund*innen und all jenen, die unmittelbar Zeug*innen werden mussten der terroristischen Angriffe.
Das Attentat, das in Halle begann, zieht seine blutige Spur durch das Leben aller, die angstfrei, sorglos und glücklich in dieser Gesellschaft leben wollten.
Getroffen hat es am 9. Oktober 2019 Menschen, über deren Leben der rechtsextreme Attentäter entschieden hat, dass es nicht wichtig, nicht von Bedeutung und ohne Wert sei.
Getroffen hat es am 09.10.2019 Menschen, deren Leben wichtig, von Bedeutung und wertvoll war und ist.
Getroffen hat es am 09. Oktober letzten Jahres sie – davon betroffen waren wir somit alle.
Mit unserer Solidarität wollen wir auch zum Ausdruck bringen, dass nicht rechtsextreme Attentäter mit ihrem Terror das letzte Wort haben.
Das letzte Wort hat eine demokratische Gesellschaft, die aufsteht für Freiheit, Gleichheit, Vielfalt und Solidarität!
(Rheinisches Antifaschistisches Bündnis gegen Antisemitismus, 09.10.2020)

Redebeitrag zur Gedenkkundgebung vom 08.10.2020 anlässlich des Anschlags in Halle 2019

Das Attentat von Halle –
Zusammenhänge von Antifeminismus und Antisemitismus

Redebeitrag auf der Gedenkkundgebung „Kein Vergessen! Kein Vergeben!“ am  08. Oktober 2020
anlässlich des Attentats in Halle vom 9. Oktober 2019 vom Rheinischen Antifaschistische Bündnis gegen Antisemitismus

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Die aktuelle Manifestation autoritärer und rechtsextremer Ideologien auf allen vorstellbaren gesellschaftlichen Ebenen macht es zwingend erforderlich, diese gemeinsam und solidarisch abzuwehren. Die Zusammenhänge von Antisemitismus, Rassismus, Sexismus und Antifeminismus deutlich zu machen und zu verstehen, sind hierfür eine Grundvoraussetzung.

Dies ist die Basis für eine emanzipatorische und demokratische Gesellschaft, die wir erhalten und verteidigen wollen.

 „Feminismus ist Schuld an der sinkenden Geburtenrate im Westen, die die Ursache für die Massenmigration ist. Und die Wurzel dieser Probleme ist der Jude.“ – Mit diesen Worten beginnt ein Video, das am 9.Oktober 2019 live ins Internet übertragen wurde.

Worte und Video stammen von dem Mann, der in diesem Moment auf dem Weg zur Synagoge in Halle war – mit dem Ziel die Mitglieder der jüdischen Gemeinde von Halle zu ermorden.

Das sog. Manifest des Attentäters von Halle stützt sich auf Antisemitismus, Verschwörungsideologie, er faselt rassistisch von einem großen Austausch und sieht die Schuld für sein gekränktes Ego und die Legitimation seiner Taten im Feminismus.

An dieser Stelle:

Wir wollen dem Attentäter keine weitere Plattform bieten. Darum verzichten wir auf weitere Zitate desselbigen.

Der Täter ist vielleicht ein Einzeltäter – vielleicht auch nicht – doch in jedem Fall ist das Attentat in einer rechtsterroristischen Kontinuität begangen worden.

Um seinen und den seiner ideologischen Vorbilder von Christchurch, Oslo und Utöya antisemitischen und antifeministischen Hass deutlich zu machen, reicht es dabei völlig aus, die Verschwörungskonstrukte und Ideologien, die zugrunde liegen, zu definieren.

Falls sich unter uns jetzt immer noch welche fragen, warum dieser Redebeitrag die Zusammenhänge zwischen Antisemitismus und Antifeminismus aufzeigt? – Die Antwort lautet:

Für rechtsextreme Attentäter, wie den von Halle, war Antifeminismus, neben Antisemitismus und Rassismus, ein entscheidendes Motiv für ihre terroristischen Anschläge. Ihr Verschwörungsglaube geht soweit, dass sie behaupten, der Feminismus sei eine gezielt jüdische Erfindung, um die weiße Rasse zu zerstören. Es ist zudem das verachtende Menschenbild, das Antisemitismus und Antifeminismus eint.

Jede Form von Antisemitismus, sei es der historische, der religionsgestützte, der sekundäre, der völkische und auch der israelbezogene, versucht das Leben von Jüdinnen und Juden, jüdisches Leben zu destabilisieren, zu demontieren, zu illegalisieren und in ihrer Existenz u bedrohen.

Antifeminismus hat ebenso wie Antisemitismus das Ziel zu destabilisieren, zu demontieren, zu illegalisieren und die Existenz der davon Betroffenen zu bedrohen.

Antifeminismus ist ein verbindendes Element in rechtsextremen Gedankenwelten. Er weist Zusammenhänge mit Antisemitismus in Ressentiments und politisch-ideologischen Vorstellungen auf.

Neben der Misogynie – einer Vorstellung, die Frau sei in ihrem Sein bereits minderwertig, ist es die Frauenfeindlichkeit, die in bewussten Handlungen und politischen Praktiken darauf abzielt die Diskriminierung von weiblich gelesenen Personen in die Tat umzusetzen. Der Antifeminismus steht für eine unmittelbare Abwehrreaktion auf Emanzipationsansprüche.

Emanzipationsansprüche von weiblich gelesenen Personen werden von Antifeministen, wie es der Mörder und Attentäter von Halle ist, deshalb so vehement abgelehnt, weil sich ihre Definition von Weiblichkeit an männlichen Bedürfnissen zu orientieren hat und dies zu erhalten gilt.

Weibliche Personen haben eine ihnen von Männern zugewiesene Rolle in der Gesellschaft einzunehmen. Die Funktion weiblicher Personen liegt in männlicher Bedürfnisbefriedigung und im Gebären, rechtsextreme, völkische und auch christliche Antifeministen fordern explizit, dass weibliche Personen mit Uterus  selbigen der Produktion von möglichst vielen Volkskörpern zur Verfügung zu stellen haben, um den von ihnen herbeifantasierten „Volkstod“ zu verhindern.

Gestützt werden antifeministische Forderungen auch durch die Bundesrepublik selbst, mit dem Paragraphen 218, nach dem weibliche Personen nicht straffrei und selbstverantwortlich über ihren Uterus und Körper bestimmen dürfen.

Antifeministen glauben ihre heteronormative Vorstellung von der auf 2 Geschlechter begrenzte Geschlechterrollendifferenzierung vor dem Feminismus, also vor emanzipatorischen Ansprüchen in Schutz nehmen zu müssen.

Das Gendern in Schrift und gesprochenem Wort lehnen sie ab. Weiblich gelesene Personen und Geschlechtervielfalt sollen, wenn es nach Antifeministen geht, nicht sichtbar werden und unmündig bleiben. Quotenforderungen in Aufsichtsräten und Chef_innenpositionen werden lächerlich gemacht und vehement verhindert. Gleiche Löhne bei gleicher Leistung? Soll das ein Witz sein?

Antifeministen wollen keine Gleichberechtigung von Frauen und Männern, um mal in ihrer 2geschlechtlichen Definition zu bleiben. Antifeministen wollen männliche Vorherrschaft, wollen kein „Für Alle“, wollen nicht, dass demokratische Werte wie Freiheit, Gleichheit und Solidarität für mehr als Männer gelten.

Weiblich gelesene Personen und LGBTIQ*, die demokratische Werte emanzipatorisch für sich zu beanspruchen versuchen, werden von Antifeministen sowohl öffentlich als auch verdeckt sexistisch lächerlich gemacht, bedroht, psychisch und physisch attackiert und getötet.

Die Vergewaltigungs- und Morddrohungen, unterschrieben vom “NSU2.0”, verschickt an Anwält_innen, Journalist_innen, Kabarettist_innen und  Politiker_innen, – die gezielten Attacken von Rechtsextremisten und Antisemiten, auch aus der Verschwörungsszene, auf weiblich gelesene Wissenschaftler_innen  und  Fridays-For-Future-Aktivist_innen, – die jährlich stattfindenden sog. „Märsche fürs Leben“ in Münster und Berlin, veranstaltet von Holocaustrelativieren und mitgetragen von christlichen Fundamentalist_innen und AfD-Politiker_innen, die um jeden Preis verhindern wollen, das weiblich gelesene Personen mit Uterus über sich selbst bestimmen, – die in der Presse, von der Polizei, der Justiz und in der Öffentlichkeit als „Beziehungstaten“ verharmlosten Vergewaltigungen, Körperverletzungen, Stalking und Femizide an weiblich gelesenen Personen in heterosexuellen Beziehungen, –  homophobe und sexistische Aussagen, zuletzt öffentlich geworden, von Friedrich Merz, Serdar Somuncu und Christian Lindner.

Das alles sind Beispiele für Antifeminismus. Sie machen deutlich, dass der Antifeminismus, wie auch der Antisemitismus, in allen gesellschaftlichen Spektren vorkommt, nicht nur im Rechtsextremismus.

Ja, der rechtsextreme Attentäter von Halle ist einer dieser Antisemiten, Rassisten, Sexisten und Antifeministen. Er hat auf Grundlage dieser menschenverachtenden Motive im Oktober letzten Jahres jüdische und nicht-jüdische, migrantische, weibliche Personen und Menschen, die er zu ihrem Umfeld gezählt hat, angegriffen, versucht zu töten, psychisch und physisch verletzt und 2 Menschen ermordet. –

Was ist unsere Antwort als Gesellschaft darauf?

Wir sind aufgefordert, auch und gerade angesichts der Verbrechen von Halle im Oktober 2019, die politisch-ideologischen Vorstellungen und Ressentiments, die Antisemitismus, Rassismus, Sexismus und Antifeminismus verbinden, ernst zu nehmen!

Denn sie haben ein starkes Gewalt- und Radikalisierungspotenzial gemeinsam – bis ins Lebensbedrohliche und Mörderische hinein!

Nicht der immer wiederkehrende Ruf nach mehr (!) Polizei und mehr (!) Staat schützt unsere Gesellschaft angesichts rechtextremer Angriffe.

Wir haben es aus den Worten der Betroffenen heute, hier, gehört: Die Angegriffenen mussten erfahren, das ihnen die zustehende Hilfe und Unterstützung von staatlicher Seite verwehrt oder erschwert wurde. Die Bitte der jüdischen Gemeinde Halle um Polizeischutz an Jom Kippur letztes Jahr, wurde von der Polizei als „ nicht notwendig“ abgelehnt.

Wir fordern die deutsche Polizei auf: Gebt jüdischen Gemeinden in Halle, in Köln und überall, den Schutz, den sie von euch zurecht einfordern!

Von Halle geht ein Zeichen aus für den Kampf gegen Antisemitismus, gegen Rassismus und für Feminismus und für mehr Solidarität.

Die Beispiele von Solidarität der Angegriffenen von Halle für- und untereinander, haben Vorbildcharakter für uns alle!

Die jüdische Studierendenunion Deutschland hat eine Spendenaktion für den Erhalt des kurdischen „Kiez Döner“s ins Leben gerufen.

Das Ehepaar im nahegelegenen Wiedersdorf, das vom Attentäter auf dessen Flucht von ihm angeschossen wurde und die Polizei im Notruf 110 erst überzeugen (!) musste, die Erste Hilfe zu schicken, erhielt von staatlicher Seite keine Unterstützung. Sie werden aber bis heute von der Opferinitiative „Weißer Ring“ betreut und bekamen von einem selbst angegriffenen Mitglied der jüdischen Gemeinde aus Halle praktische Hilfe, um dem Schrecken des Tatorts für eine gewisse Zeit den Rücken zukehren zu können.

Auch von der gemeinsamen Erklärung der Betroffenen, die als Nebenkläger_innen im Prozess auftreten, geht ein starkes Signal aus für emanzipatorische Solidarität, der den Rechtsextremismus und seine Akteur_innen schwächt, zurückdrängt und handlungsunfähig werden lässt.

Antifaschismus und Solidarität müssen praktisch werden!

Eine Gesellschaft, die demokratische Werte verteidigen will, eine Gesellschaft, die aufstehen will gegen Antisemitismus, Rechtsextremismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Antifeminismus, benötigt dafür Sensoren und Werkzeuge. Sensoren, um die Feinde unserer Grundwerte von Freiheit, Gleichheit und Solidarität früh zu erkennen – Werkzeuge, um weitere mörderische Absichten unmöglich zu machen!

Antifaschismus, Feminismus und Solidarität sind notwendige Werkzeuge unserer Gesellschaft! Sie machen uns handlungsfähig und schützen uns vor Angriffen auf die Demokratie und auf alle in ihr Lebenden.

 

Wir gedenken der Ermordeten in Halle und solidarisieren uns mit allen Verletzten und Angegriffenen!

 

Wir vergessen nicht – wir vergeben nicht!

 

Für Emanzipation! Für Feminismus! Gegen jeden Antisemitismus!

PRESSEMITTEILUNG
Köln, 04.10.2020

“Wer Antisemitismus, Sexismus und Antifeminismus oder Rechtsextremismus früh erkennen und unmöglich machen möchte, benötigt Sensoren. Halle macht einmal mehr deutlich, dass die deutsche Gesellschaft nicht über die notwendigen Werkzeuge hierfür verfügt,” sagt Maxi Hellfeldt für das Rheinische Antifaschistische Bündnis gegen Antisemitismus (RABA).

Wir senden Ihnen unten folgend den gemeinsamen Aufruf zu einer Kundgebung im Gedenken an den Anschlag auf die Synagoge von Halle an Jom Kippur vom 9. Oktober 2019, die am 8. Oktober 2020 auf dem Bahnhofsplatz in Köln stattfindet, zu der wir gemeinsam mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V. Köln und der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e.V aufrufen.

“Die Ideologie des Täters fällt nicht vom Himmel. Dennoch konnte sich der Rechtsterrorist wie in offenbar Deutschland üblich, Jahrzehnte lang unbehelligt und akzeptiert in einer Gemeinschaft bewegen. Eine Gemeinschaft, die selbst die mörderische rechte Ideologie meinte aushalten zu können, bagatellisierte oder sogar begrüßt hat. Als der im Gemeinschaftsgefühl erglühete Antisemit, Sexist und Antifeminist und Rassist vor der Synagoge vorfuhr, war es erst der Selbstschutz der gut organisierten jüdischen Gemeinde in Halle, welche dem Rechtsterroristen Grenzen aufzeigte.

Ein Selbstschutz aus Erfahrung und traditioneller Notwendigkeit. Denn die lebensbedrohliche Situation für Menschen jüdischen Glaubens ist in Deutschland “Leitkultur”. Die jüdische Gemeinde erfuhr keinen Schutz der Sicherheitsbehörden des Staates, an den sie sich in ihrer Situation und vor Yom Kippur gewandt hatte. Unsere Lebenserfahrung ist, dass auf Behörden und Staat kein Verlass ist, wenn es um die Rechte und Anerkennung von Jüdinnen und Juden, Menschen mit Migrationshintergrund, Schwarzes Leben, Geflüchtete sowie queeres Leben und weiblich gelesene Personen geht. Deshalb wollen wir uns nicht in die Jahrzehntelangen Appelle einreihen, die immer mehr Polizei und Staat fordern. Wir fordern eine Gesellschaft, in der Demokratie wehrhaft ist und die emanzipatorischen Rechte durchgesetzt werden vor den Feinden von Freiheit, Gleichheit und Solidarität,” fordert Maxi Hellfeldt für RABA.

KUNDGEBUNGS-AUFRUF

KEIN VERGESSEN – KEIN VERGEBEN!
GEDENKEN AN DIE OPFER DES
ANSCHLAGS VON HALLE

08.10.2020 | 17:30 | Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs

Am 09.10.2020 jährt sich erstmalig der rechtsterroristische Anschlag auf die Synagoge in Halle (Saale). Anlässlich dieses Jahrestages rufen wir am Vorabend, dem 08.10.2020, ab 17:30 Uhr auf dem Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs zu einer Kundgebung auf, um der Ermordeten zu gedenken und den Überlebenden gegenüber unsere Solidarität auszudrücken

Die jüdische Gemeinde in Halle entging an Jom Kippur nur knapp einem Blutbad. Der Anschlag war lange geplant und wurde live ins Internet gestreamt. Dass die 52 Besucher*innen der Synagoge überlebten, verdanken sie dem Selbstschutz der jüdischen Gemeinde in Form einer massiven Holztür, nicht aber den staatlichen Behörden. Denn obwohl von ihnen zum hohen Feiertag mehrfach um Polizeischutz gebeten wurde, blieb dieser aus. Auch als die Polizei von den Besucher*innen wegen des Anschlags alarmiert wurde, benötigte sie beinahe 15 Minuten, bevor sie am Tatort eintraf. Auch deshalb forderte der Anschlag Menschenleben. Die Passantin Jana L., die den Täter auf die laute Explosion ansprach, sowie Kevin S., der gerade Gast im kurdischen Imbiss „Kiez Döner“ war, wurden kaltblütig ermordet. Die Mitarbeiter*innen des Imbiss sowie weitere Gäste, ein Kurierfahrer an der Synagoge, ein Passant mit somalischem Hintergrund und ein Ehepaar, das dem Täter seine Autoschlüssel nicht aushändigen wollte, überlebten verletzt — zum Teil schwer.

In Halle mag es sich um einen Einzeltäter gehandelt haben, doch keineswegs um einen Einzelfall. Der Attentäter Stephan B. bewegte sich in einem global verbandelten und im Internet agierenden Netzwerk von Neonazis, die nicht nur Antisemitismus und Rassismus eint, sondern auch ihr Sexismus und Antifeminismus. Der Anschlag von Halle wie auch der von Hanau stehen in einer jahrzehntelangen Tradition neonazistischer
Organisation und Gewalt in Deutschland. Weder hat der Antisemitismusnach der Shoah plötzlich aufgehört zu existieren, noch ist der Rassismus überwunden, der sich insbesondere in der frühen Nachwendezeit, aber auch in den letzten Jahren, immer wieder gewaltsam entlud. Dabei zeigen aktuelle Entwicklungen auch ein Jahr nach dem Anschlag von Halle, wie folgenlos die Beteuerungen aus Politik, Medien und Teilen der Zivilgesellschaft verhallt sind. Insbesondere der Antisemitismus hat im Zuge der großen Proteste gegen die
Corona-Maßnahmen der Bundesregierung Hochkonjunktur.

Beim Anschlag in Halle vor fast einem Jahr wurden zwei Menschen viel zu früh aus ihrem Leben gerissen und ihre Familien sowie Freundinnen und Freunde trauern noch immer. Auch die Überlebenden werden die Tat und die Angst, die sie fühlten, nicht vergessen. Darüber hinaus hat die Tat auch bei Angehörigen anderer jüdischer Gemeinden ihre Spuren hinterlassen. All diesen Menschen gilt unsere Solidarität. Wir fordern daher dazu auf, gemeinsam der Opfer des Anschlags von Halle zu gedenken und damit ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus und Rassismus in unserer Gesellschaft zu setzen.

Aufruf von:

_Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit_
_Deutsch-Israelische Gesellschaft Köln_
_Rheinisches antifaschistisches Bündnis gegen Antisemitismus_
_Bündnis gegen Antisemitismus Köln_
_Antifaschistische Gruppe CGN_

Köln für Freiheit/Köln Aktiv und Neonazis

Eine besorgniserregende Vermutung bestätigt sich nun: “Köln für Freiheit/Köln Aktiv” macht schon seit langem gemeinsame Sache mit Neonazis! Nun mobilisiert der verschwörungsideologische Zusammenschluss aus Köln auch noch zu einer Veranstaltung von “NRW stellt sich Quer” (NssQ) in Essen anlässlich eines geplanten Auftritts von Angela Merkel. Die Werbung für die neonazistische Gruppierung durch Bianca Pfaffenholz überrascht nur jene, die ihr die inszenierte Selbstverharmlosung samt Umhängetafel „gegen Rassismus“ abgenommen haben.

Stefanie Charlotte „Steff“ van Laak, die als „Kopf“ der Kleinstgruppierung NSSQ gilt, „unterhält enge Kontakte zur Bruderschaft Deutschland, gegen die unlängst erst eine Razzia stattfand.”(bnr.de) Sie arbeitet laut eigener Aussage mit dem Rechtsextremisten Dominik Roeseler (HoGeSa Mitbegründer) politisch eng zusammen.

Laut dem nordrhein-westfälischen Landesverfassungsschutz sind Roesler und sein Verein „Mönchengladbach steht auf“ Brückenbauer zwischen Rechtsextremisten, rechtsradikalen Hooligans, Rockerähnlichen Gruppen und „Bürgerwehren“ wie die „Bruderschaft Deutschland“ aus Düsseldorf oder die „Steeler Jungs“ aus Essen. Im NRW-Verfassungsschutzbericht 2019 wird ausführlich auf diese „Mischszene“ eingegangen und vor deren neuer Vernetzung untereinander sowie mit anderen Protestmilieus gewarnt,“ so BNR.de. Auch der rechte Funktionär Carsten Jahn (Team Heimat, ehem. NPD) zählt zu diesem Netzwerk rund um NSSQ.

„NRW stellt sich quer“ besitzt in der Szene nach Einschätzung des Journalisten Michael Klarmann kaum Relevanz und ist seit längerem relativ isoliert bei der Organisation eigener Aktionen.
Durch die Mobilisierung über die Kölner “Querfront”-Struktur legt der Orgakreis um Pfaffenholz nun erstmal die aktive Zusammenarbeit mit Neonazis offen. Dies zeigt, wo der Kölner Corona-Zusammenschluss um Pfaffenholz, Dea Heibel und den Restposten ehem. Kölner Friedensmahnwichtel wie Ottmar Lattorf, Johanne Liesegang oder Marc B. politisch zu verorten ist. Neonazistische Kameradschaften u.a. der Bruderschaft Deutschland erschienen bereits im April auf Demonstrationen und Aktionen von “Köln für Freiheit” (RABA berichtete). Auch diverse rechtextremistische YouTuber_innen wie Oliver Flesch, Yennyfer I. oder Oliver “83metoo” H. nahmen daran teil, zu denen Bianca Pfaffenholz ebenfalls Kontakt aufbaute um sich zu vernetzten. Flesch beispielsweise drohte vor seinem Erscheinen auf der Veranstaltung mit Gewaltanwendung gegenüber Antifaschist_innen und griff ersts kürzlich in Dortmund den bekannten Fotojournalisten “Korallenherz” auf einer Demonstration an.

Die mittlerweile offenkundige Verortung in der neonazistischen Mischszene macht eine kritische Beobachtung und Begleitung der Kölner “Querfront” weiterhin unabdingbar.

Antisemitische und verschwörungsidologische Nachrichten von Ice Cube

Ice Cube “dreht durch”, “provoziert”, oder postet “im Eifer des Gefechts”… die deutsche Musikpresse legt sehr viel Verständnis für antisemitische und verschwörungsideologische Aktivitäten des US-amerikanische Rappers und Schauspielers O’Shea “Ice Cube” Jackson (u.a. N.W.A.) an den Tag. Dieser veröffentlicht “antisemitischen Posts und russischer Propaganda”.[1] “Ein paar Ice Cube-Follower weisen den Rapper auf Twitter daraufhin, dass er gleich mehrere ziemlich bekannte antisemitische Memes postet. Die basieren beispielsweise auf dem antisemitischen sowie rassistischen Verschwörungsmythos, dass Menschen jüdischen Glaubens den weltweiten Finanzmarkt kontrollieren würden,” berichtet Hip-Hop.de[2]
Ice Cube postete zuerst ein Bild mit der Aussage, Jüdinnen*Juden seien nicht Sklav*innen in Ägypten gewesen (cf Pessah). Ein weiteres getwittertes Foto zeigt eine antisemitische Wandmalerei. Darauf zu sehen: Eine Gruppe karikierter jüdischer Businessmänner an einem Monopoly-Spielfeld, dass von schwarzen Männern auf dem Rücken getragen wird. Darauf zu lesen: „Alles, was wir tun müssen, ist aufzustehen, und ihr kleines Spiel ist vorbei.”[3] Ice Cube spielt hierdurch Schwarze gegen Jüdinnen*Juden aus, indem er den “Raub” schwarzer Geschichte konstruiert: Die wirklichen Sklav*innen in Ägypten seien Schwarze gewesen. Dies vertreten auch Black Hebrew Israelites, die sich als die legitimen Nachfolger*innenn sehen. Ein Anhänger der Black Hebrew Israelites hat im Dezember 2019 einen antisemitischen Anschlag in New Jersey verübt.
Wenige Tage später teilte er ein Bild mit einem schwarzen Würfel in der Mitte eines jüdischen Davidsterns. Die Darstellung geht auf eine Verschwörungsideologie zurück, wonach die “drei großen Religionen, einschließlich des Judentums, von Formen auf der Oberfläche des Planeten Saturn beeinflusst wurden,” schreibt das Rolling Stone. Der “Schwarze Würfel des Saturn” ist Teil eines mit dem Judentum unvereinbaren Kultus.[5] Die kultische Verehrung des Saturns wird mit der Fraternitas Saturni[6] in Verbindung gebracht. Die Fraternitas Saturni ist eine Loge, die im Gegensatz zum Mainstream-Freimaurer*innentum okkulten Minderheitenpraktiken folgt. Logen, als Geheimgesellschaften, bilden die jüdisch-freimaurerische Grundachse antisemitischer Verschwörungsideologien. Der Schwarze Würfel des Saturns, den Ice Cube in einem magen david gezeichnet postete, wird als Zeichen dieser Achse an verschiedenen Orten, aber auch in Gegenständen wie tefillin eingebildet. Ice Cube verbindet eindeutige Bilder miteinander.[7]
 
Quellen:
[1] Rolling Stone [RS]: https://www.rollingstone.de/ice-cube-antisemitische-posts-russische-propaganda-1993243/
[2] Hip-Hop.de: https://hiphop.de/magazin/news/ice-cube-dreht-durch-twitter
[3] Veröffentlicht am 6. Juni 2020 via Twitter
[4] RS
[5] https://forward.com/news/448548/ice-cube-twitter-memes-anti-semitic/
[6] Eine Übersicht zu Fraternitas Saturni bietet Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Fraternitas_Saturni
[7] https://www.nicholson1968.com/nicholson1968s-post/saturn-worshipthe-black-cube